Von Karen Osborn
Ich bin Meeresbiologin, weil ich gerne auf See bin und mich die Tiere, die unsere Ozeane bewohnen, faszinieren. Es gab jedoch eine Zeit, als ich mir durchaus vorstellen konnte, einen ganz anderen Weg einzuschlagen, den Weg der Künstlerin. Obwohl ich mich für die Wissenschaft entschieden habe (und das Malen und die Bildhauerei nun in meiner kaum vorhandenen Freizeit stattfinden müssen), verwöhne ich meine künstlerische Seite immer gerne damit, die komplexen Details der wunderschönen Tiere zu dokumentieren, die wir aus den Tiefen des Ozeans heraufholen.
Ihre Formenvielfalt ist endlos, ihre Farben, Texturen und Bewegungen faszinierend. Ich kann meinen Blick nicht von ihnen abwenden, und ich möchte jedem die Chance geben, diese erstaunlichen Dinge zu sehen, die ich das Glück habe zu sehen. Deshalb fotografiere ich sie.
Manchmal verbringe ich Stunden damit, alle verschiedenen Merkmale und Details festzuhalten. Meistens sind diese Bilder Teil der wissenschaftlichen Daten – eine Möglichkeit, die Anatomie der verschiedenen Teile ihrer Körper festzuhalten, damit wir verstehen können, wie sie funktionieren, wie sie miteinander interagieren und wie sie sich an den für uns Menschen so fremden und lebensfeindlich erscheinenden Lebensraum Tiefsee angepasst haben.
Aber manchmal, oft in den frühen Morgenstunden, mache ich Bilder einfach ihrer Schönheit wegen. Diese Bilder können als Kunst betrachtet werden, und als solche schmücken sie bereits ein paar Wohnzimmerwände. Auch diese Expedition hat wieder so viele unglaubliche Tiere aus der Tiefsee rund um Madeira ans Licht geholt und mir die Gelegenheit gegeben, ihre Schönheit einzufangen.
Ich hoffe, sie gefallen euch.
Oben Mitte: Mund eines Seeigels.
Oben rechts: Fangzahn (Anoplogaster cornuta). Ich stelle mir dieses Bild in riesiger Vergrößerung über einem Wohnzimmersofa vor, aber das ist natürlich Geschmackssache.
Unten links: Nectophor eines Physonect-Siponophors. Ich liebe die Form dieser Schwimmglocke, die mit ihrer Transparenz glatte, fließende Muster im Bild erzeugt.
Unten Mitte: Eine vergrößerte Ansicht der weichen Schuppen eines Schuppenwurms, der symbiontisch auf einem Seeigel lebt. Er wirft die Schuppen ab, wenn er bedroht wird, und bei einigen Arten leuchten sie dann auf. Hier sieht es aus wie kosmische Lilienblätter, die zwischen den Sternen schweben.
Unten rechts: Branchiuran, ein Fischlaus. Die irisierenden Gewebe dieses Tieres und die Augen, die wie überraschte Augen einer Comicfigur aussehen, haben meine Aufmerksamkeit auf diese flache, schnell bewegende Fischlaus gelenkt.