FS Sonne, 04. Januar 2015, 10° 56.07′ N 37° 18.69′ W

Kuhreiher bei der Mahlzeit / cattle egret eating. ©Ivan Voltski Kuhreiher bei der Mahlzeit / cattle egret eating. ©Ivan Voltski

Der blinde Passagier
 
Seit ich ein kleiner Reiher war und mit meinen Eltern auf Elefanten durch die afrikanische Steppe ritt wusste ich, dass ich für etwas Größeres bestimmt war. Jedes Jahr hörte ich die wundervollen, abenteuerlichen Geschichten von Zugvögeln und in diesen Momenten erkannte ich, dass ich die weite Welt erkunden wollte. Meine Eltern verspotteten mich und erklärten mir, dass wir, die Kuhreiher – Bubulcus ibis, zu den Schreitvögeln gehören und nur Kurzstreckenzieher seien. Davon lies ich mich aber nicht abhalten und startete meine ersten Reiseversuche in Richtung Kap Verden. Leider musste ich feststellen, dass ich weder die Kondition noch die navigatorischen Voraussetzungen mitbrachte um große Strecken zurück zu legen. Dank einer glücklichen Fügung erblickte ich an einem warmen Sommerabend das Forschungsschiff „Sonne“ vor Fogo. Ich erkannte die Möglichkeit und stürzte mich ins Abenteuer. Ich suchte mir ein kleines Plätzchen auf einem großen roten Kran von dem aus ich alles überblicken konnte. Schnell merkte ich, dass ich nicht für die Schifffahrt gebaut war und hatte immer wieder Probleme mich nicht nur in Schlangenlinien fortzubewegen. Leider war auch das Angebot an frischem Süßwasser und Futter sehr spärlich gesät. 3 Wochen lang konnte ich ungestört und ungesehen die seltsamen Gestalten an Bord beobachten, wie sie allerhand Schlamm und Steine an Bord brachten, jedoch keinen frischen Fisch auf den ich so sehnsüchtig hoffte. Immer wieder machte ich kleine Ausflüge um die Umgebung zu erkunden und musste feststellen, dass um uns herum nichts war außer Wasser. Da ich schon von Geburt an ein sehr sozialer Kuhreiher war, begann ich mich langsam einsam zu fühlen und beschloss, mich den Menschen anzunähern. Völlig entkräftet torkelte ich an Deck herum und endlich kamen die Menschen auf die Idee mir frisches Wasser und Futter anzubieten. Nach der langen Zeit an Bord hatte ich mich von meiner üblichen Kost (Insekten) an die fischige Variante gewöhnt und freute mich umso mehr, dass auch ein fliegender Fisch im Angebot war. Sie gaben mir zwar den seltsamen Namen „Herr Karian Marta Bert Igor“ aber ich erkannte, dass sie doch ein recht liebenswürdiges und hart arbeitendes Völkchen sind. Deshalb habe ich beschlossen das Schiff mit ihnen zu teilen und die abenteuerliche Reise gemeinsam mit ihnen zu erleben.

Theresa Guggolz und Ann-Christine Zinkann
CeNak Hamburg

 

[English]

The stowaway
 
Since I have been a little egret sitting with my parents on elephants backs riding through the african veld I knew I was destined for something bigger. Every year I heard these wonderful and adventurous stories of migratory birds and realized I wanted to discover the whole wide world. My parents mocked me and told me that as a cattle egret – Bubulcus ibis I am not a migratory bird. Nevertheless this did not stop me to conquer the world with the first stop on the Cape Verdes. Unfortunately I had to realize that I was not in shape nor had the navigatory requirements to fly long distances. Due to a fortunate coincidence one warm summer night on Fogo I caught sight of the research vessel “Sonne” and I accepted the challenge and started my first big adventure. I looked for a cozy spot on a big red crane from where I could observe everything without being spotted. I noticed quite quickly that I was not made for seafaring and had trouble walking in straight lines for quite a while. Regrettably the supply of freshwater and food was sparse. For three weeks I was able to live and observe the strange creatures on board bringing up heaps of mud and stones instead of fishes that I was craving for. Every now and then I made some excursions to discover the surrounding area but all I could see was water. Since I was born I have been a very social cattle egret so I slowly began to feel quite lonely and decided to take the risk and get closer to the humans. Completely exhausted I was wobbling across the deck and finally the humans had the brilliant idea to offer me fresh water and food. After this long time on board I got used to the fishy version instead of my usual diet (insects) and was more than happy to receive a flying fish for dinner. Even if they called me by the odd name of “Mr. Karian Marta Bert Igor” I could see they are a friendly and hard working tribe. Therefore I came to the decision to share the ship as my island to rest as well as my adventurous journey with them!

Theresa Guggolz and Ann-Christine Zinkann
CeNak Hamburg

Mr. Karian Marta Bert Igor / Mr. Karian Marta Bert Igor. ©Ann-Christine Zinkann

Mr. Karian Marta Bert Igor / Mr. Karian Marta Bert Igor. ©Ann-Christine Zinkann

Gruppenbild mit Theresa (links), Mr. Karian Marta Bert Igor (im Hintergrund) and Ann-Christine (rechts) / Group picture with Theresa (left), Mr. Karian Marta Bert Igor (background) and Ann-Christine (right). ©Ann-Christine Zinkann

Gruppenbild mit Theresa (links), Mr. Karian Marta Bert Igor (im Hintergrund) and Ann-Christine (rechts) / Group picture with Theresa (left), Mr. Karian Marta Bert Igor (background) and Ann-Christine (right). ©Ann-Christine Zinkann

One thought on “FS Sonne, 04. Januar 2015, 10° 56.07′ N 37° 18.69′ W

  1. Fantastisch geschrieben! Bleibt zu hoffen, dass die Einreiseformalitäten in die Dom.Rep. keine allzu große Hürde bedeuten und auch die Sprache keine Barriere darstellt bei der Integration von Mr. Karian Marta Bert Igor in die dortige Reiherpopulation ;-)) Vom Fortbewegungsmittel “Elephant” auf “Rind” umzusteigen, dürfte für euren Passagier machbar sein …

    Grüße aus Heidelberg,
    Karin

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