Von Gelben Segeldoktorfischen, Silberflossenblättern und Katzenhaien: Das Aquarium an der Kiellinie

Der Heringsschwarm ist ein echter Hingucker: Silbern schimmern die Fische, während sie gemächlich ihre Runden ziehen. Foto: J. Steffen, GEOMAR Der Heringsschwarm ist ein echter Hingucker: Silbern schimmern die Fische, während sie gemächlich ihre Runden ziehen. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Aus der Dunkelheit hört man ein leises Plätschern, Licht dringt nur durch Wasserbecken in den Raum. Es ist ruhig an diesem Dienstagmittag im Aquarium GEOMAR, nur wenige Besucher sind hier. Da ist das kleine Mädchen, das fasziniert vor dem Heringsschwarm stehen bleibt und seine Mutter herbeiwinkt, um ihr dir Fische zu zeigen. Da ist die Gruppe englischsprachiger Studenten, die sich aufgeregt vor dem Becken mit den Katzenhaien versammelt hat und sich lautstark über die Tiere unterhält. Und das Pärchen, das versucht mit einer Handykamera ein Foto vom giftigen Rotfeuerfisch zu machen. Und natürlich ich. Zurzeit noch Praktikantin am GEOMAR, werfe ich noch ein letztes Mal einen Blick hinter die Kulissen und schaue mir das Aquarium an.


An die hundert verschiedene Fisch-Arten können die Besucher hier in elf verschiedenen Becken beobachten – und natürlich die Seehunde im Außengehege. Das Spezialgebiet des Aquariums GEOMAR Kiel sind die Tiere der Nord- und Ostsee. „Wir wollen den Besuchern das nahebringen, was sie hier im Urlaub an den deutschen Küsten entdecken können“, erklärt Michael Gruber. Seit 1999 ist der ehemalige Industriemeister aus der Chemie technischer Leiter des Aquariums. „Seit meinem siebten Lebensjahr besitze ich selbst Fische – dieser Beruf ist für mich die perfekte Verbindung zwischen meinem Hobby und den technischen Fähigkeiten, die ich als Industriemeister mitgebracht habe“, erklärt er.

Nachzucht im Aquarium

Da man Kaltwasserfische nicht im Zoo kaufen kann, züchten Aquarien und Zoos bestimmte Arten und tauschen die Jungtiere dann untereinander aus. „Wir zum Beispiel haben eine Rochen- und eine Katzenhai-Zucht“, erklärt Michael, dessen Lieblingstiere die Rochen sind. Am meisten Spaß macht es ihm, hinter den Kulissen neue Techniken, Kreisläufe oder Beleuchtungen auszuprobieren. Die elf Becken haben alle ihr eigenes Thema: Es gibt zum Beispiel eines, das dem Nord-Ostsee-Kanal nachempfunden ist. Sowohl Tiere, Pflanzen als auch die Dekoration vermitteln dem Besucher, er befände sich selbst am Grund des Kanals. Denn Temperatur-, Wasser- und Lichtbedingungen entsprechen den realen Faktoren. „Ostseefische wie Schollen, Steinbutte, Seesterne, Grundeln und Dorsche schwimmen in den Becken natürlich auch in echtem Ostseewasser“, sagt Michael. Neben ihm arbeiten noch zwei Tierpfleger, vier HiWis und zwei weitere Mitarbeiter im Aquarium.

Irreführend: Was man hier sieht, ist nicht das "Gesicht" des Rochens, sondern nur seine Unterseite. Was hier wie Augen aussieht, ist sind nur die Nasenlöcher - die Augen befinden sich an der Oberseite. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Irreführend: Was man hier sieht, ist nicht das “Gesicht” des Rochens, sondern nur seine Unterseite. Was hier wie Augen aussieht, ist sind nur die Nasenlöcher – die Augen befinden sich an der Oberseite. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Unterstützung für die Wissenschaft

Das Aquarium gehört zum GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Im Aquarium selbst wird jedoch nicht geforscht. „Wir betreiben hier keine Wissenschaft, aber dafür helfen wir den Forschern, wo wir können“, sagt Michael. „Im Moment stellen wir  zum Beispiel ein paar Aquarien für den Bewuchs von Versuchsplatten zum Thema Antifouling zur Verfügung. Manchmal unterstützen wir uns auch gegenseitig bei der Hälterung von Tieren.“ Hälterung ist hier übrigens kein Tippfehler: In der Fachsprache bedeutet „Hältern“ einfach die Haltung von Tierarten.

Der Heringsschwarm

Aber nicht nur das Wasser ist original „made in Kiel“. Auch die Tiere selbst werden hier gesammelt. „Unsere Heringe zum Beispiel bekommen wir eigentlich vom alten Schleusenteil des Nord-Ostsee-Kanals. Aber die sind zurzeit sehr schwach besetzt“, stellt Michael fest. „Das Problem haben wir seit fast zwei Jahren. Früher haben wir hier auf einen Schlag 400 Tiere bekommen, mittlerweile bringt unser Fischer leider keinen einzigen mehr mit. Ich schätze, das liegt an der Veränderung der Strömung und an der erhöhten Temperatur, aber ich bin selbst kein Wissenschaftler“, vermutet er. Heringe werden in Gefangenschaft etwa drei bis vier Jahre alt, deshalb muss hier bald eine andere Lösung her, wahrscheinlich werden kleine Heringe bald aus Dänemark geholt.

In diesem Becken ist der Heringsschwarm zuhause - aber es tummeln sich auch ein paar Seesterne im Ostseewasser. Foto: J. Steffen, GEOMAR

In diesem Becken ist der Heringsschwarm zuhause – aber es tummeln sich auch ein paar Seesterne im Ostseewasser. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Tropische Gewässer in Kiel

Außer den Nord- und Ostseefischen gibt es auch Arten aus dem Mittelmeer und dem Atlantik. Besonders das Tropische Becken ist sehr bunt, mit strahlend gelben, blauen und gemusterten Tieren. Das zieht viele Blicke auf sich. Hier fällt aber nicht nur das Aussehen der Fische auf, auch ihre Namen klingen für einen Laien ziemlich exotisch: Silberflossenblatt, Palettendoktor, Mexikokaiser, Fuchsgesicht, Gelber Segeldoktorfisch, Grüner Schwalbenschwanz und Netzmuränen schwimmen hier farbenfroh durcheinander.

Besucher vor dem tropischen Becken im Aquarium. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Besucher vor dem tropischen Becken im Aquarium. Foto: J. Steffen, GEOMAR

In die Tiefe…

Neben den Aquarien gibt es seit November zusätzlich noch eine Tiefseeausstellung. Dr. Johannes Kinzer, der das Aquarium von 1972 bis zu seinem Ruhestand 1994 als wissenschaftlicher Leiter aufgebaut und geleitet hat, stellte dafür einige seiner eigenen Tiefseeorganismen zur Verfügung. Die Tiere sehen aus, wie von einem anderen Planeten, und auch ihre Namen klingen ein wenig sonderbar… Hier sind unter anderem der Rubin-Segelkalmar, der Juwelen-Laternenfisch, der Schwarzer Schlinger, der Anglerfisch und der Schwarze Drachenfisch zu bestaunen.

Die Tiefseeausstellung im Aquarium: Ein Schnepfenaal Nemichthys scolopaceus (vorne), ein Pelikanaal Eurypharynx pelecanoides (2.v.l.) und weitere Tiefseeorganismen sind hier zu bestaunen. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Die Tiefseeausstellung im Aquarium: Ein Schnepfenaal Nemichthys scolopaceus (vorne), ein Pelikanaal Eurypharynx pelecanoides (2.v.l.) und weitere Tiefseeorganismen sind hier zu bestaunen. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Weiter geht’s!

Ein kurzer Blick auf die Uhr sagt mir, dass es gleich halb drei ist. Zeit für die Seehundsfütterung! Ich mache mich jetzt auf den Weg zu Nicole Fischer, die sich um die fünf Seehunde kümmert und mich heute mal mitnimmt. Den Text dazu gibt es diese Woche noch!

Bis dahin viele Grüße,

Gesa

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Weitere Informationen:
Ab dem 1. April 2014 ist das Aquarium GEOMAR täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.
Das Aquarium bietet neben den üblichen Besuchen auch individuelle Führungen von Schulklassen, oder anderen Gruppen wie Geburtstagen, an.
www.aquarium-geomar.de