Quastenflosser voraus!

Der Quastenflosser Latimeria chalumnae bekommt oft Besuch vom GEOMAR-Tauchboot JAGO. (Foto: Jürgen Schauer, GEOMAR) Der Quastenflosser Latimeria chalumnae bekommt oft Besuch vom GEOMAR-Tauchboot JAGO. (Foto: Jürgen Schauer, GEOMAR)

Der Quastenflosser – ein lebendes Fossil. Als ich im Biologie-Unterricht in der Schule das erste Mal von ihm hörte, war ich gleich fasziniert. Diese Tiere leben seit über 400 Millionen Jahren auf unserem Planeten. Und es stört sie offenbar kein bisschen, dass dieser sich ständig verändert. Sie haben sich ihre eigene ökologische Nische gesucht und verbringen ihr Leben ungestört, wie gehabt. Dass sie für uns Menschen eine Sensation sind, ahnen sie vermutlich nicht einmal.

Noch in den 1930er Jahren dachten wir, der Quastenflosser sei ausgestorben. Bis ihn 1938 die Leiterin eines Meeresmuseums zufällig in einem Fischernetz vor der Südafrikanischen Küste fand. Alle anderen Verwandten des bis zu 1,80 Meter langen und 90 Kilogramm schweren Fisches waren in der Kreidezeit ausgestorben. Das offenbar eine Art überlebt hatte, war damals und ist bis heute etwas ganz Besonderes. Ein solches Tier zu sehen, ist in etwa so, wie einem Dinosaurier zu begegnen. Das Exemplar im Netz von 1938 war allerdings bereits gestorben und es sollte noch 14 weitere Jahre dauern, bis bekannt wurde, dass Quastenflosser vor den Komoreninseln im westlichen Indischen Ozean  seit langem immer mal wieder von einheimischen Fischern gefangen wurden.

200 Meter tief vor den Komoreninseln

Am 17. Juni 1987 kam es dann zu einer Sensation: Das erste Mal konnte der Quastenflosser in seinem natürlichen Lebensraum beobachtet werden. Und hier kommen die bemannten Forschungstauchboote in’s Spiel: Damals war es noch das 200-Meter Tauchboot GEO, mit dem der Pilot Jürgen Schauer und der Biologiestudent Olaf Reinicke die Quastenflosser in etwa 200 Metern Tiefe vor den Komoren beobachteten. „Die Begegnung mit diesen Tieren gehört zu meinen faszinierendsten Erlebnissen mit dem Tauchboot “, erzählt Jürgen. So etwas erlebt man schließlich nicht alle Tage. Bis heute ist Jürgen mit seinen Kollegen während etlicher Expeditionen hunderte Male dort abgetaucht. Seit 1989 allerdings mit Tauchboot JAGO. „Wir untersuchen dort wie sich die Populationen entwickeln, wie standorttreu die Tiere sind und begegnen dabei immer wieder altbekannte Fischen. Jedes Tier hat sein eigenes Fleckenmuster, an dem man es wiedererkennen kann. Quastenflosser ziehen sich tagsüber in große Höhlen zurück. Sobald die Dunkelheit einsetzt, verlassen sie die Höhlen und gehen einzeln auf die Jagd nach kleinen Beutefischen.“ Die Fotos, die im Laufe der Jahre von den großen Fischen mit GEO und JAGO gemacht wurden, sind heute in vielen Büchern, Broschüren und Artikeln abgebildet.

Bergen des Forschungstauchboots JAGO nach einem Sammel-Tauchgang am Kaltwasserkorallenriff bei Nordleksa, Norwegen, während der POSEIDON-Expedition P420. (Foto: Maike Nicolai, GEOMAR)

Bergen des Forschungstauchboots JAGO nach einem Sammel-Tauchgang am Kaltwasserkorallenriff bei Nordleksa, Norwegen, während der POSEIDON-Expedition P420. (Foto: Maike Nicolai, GEOMAR)

Fremde Welten

Abgesehen von den lebenden Fossilien haben JAGO und sein Team natürlich auch andere tolle Entdeckungen gemacht:
„Es ist auch jedes Mal wieder etwas Besonderes, wenn wir in den Riffen der Kaltwasserkorallen vor Norwegen tauchen“, sagt Jürgen. Das ist eine ganz eigene, friedliche Welt, die  sich nur wenigen so hautnah erschließt. Ausgedehnte Riffe, die teilweise vollkommen unangetastet sind.

Wenn man solche Bilder sieht, kann man sich leicht vorstellen, warum Jürgen so fasziniert von jedem Tauchgang zurückkommt: Hier sieht man bunte Kaltwasserkorallen aus dem Mittelmeer. (Foto: JAGO-Team, GEOMAR)

Wenn man solche Bilder sieht, kann man sich leicht vorstellen, warum Jürgen so fasziniert von jedem Tauchgang zurückkommt: Hier sieht man bunte Kaltwasserkorallen in einem Riff in Norwegen. (Foto: JAGO-Team, GEOMAR)

Auf einigen Tauchgängen rund um den Globus stoßen die „JAGOnauten“ auch schon mal auf unbekannte neue Arten, egal ob Fische oder Mikrolebewesen, oder auf andere Phänomene die vorher noch nie jemand gesehen hat. Das können bizarre Riffstrukturen sein, aus denen Methangas in gewaltigen Blasenfahnen sprudelt oder auch eindrucksvolle Felder aus Kissenlava. Ein Tauchgang mit JAGO ist jedenfalls nie langweilig.

Einsatzgebiete

Am GEOMAR wird das Forschungstauchboot für alle möglichen Fachdisziplinen verwendet: Egal ob aus den Bereichen Biologie, Mikrobiologie, Vulkanologie, Geologie oder Paläontologie – JAGO und das Team Jürgen Schauer und Karen Hissmann sind immer dabei, wenn sie gebraucht werden.
JAGO gehört zwar dem GEOMAR, wird aber auch von anderen Forschungseinrichtungen für wissenschaftliche Projekte ausgeliehen. Und damit nicht genug: JAGO hat in einem Kieler Tatort (Ausstrahlung voraussichtlich März 2014) eine tragende… nein, eine tauchende Rolle!

Obwohl ich persönlich nicht zu denjenigen gehöre, die Sonntags pünktlich um 20:15 ARD anschalten, um Tatort zu sehen – diese Folge werde ich auf keinen Fall verpassen! 😉

Bis dahin,
viele Grüße vom Praktikanten-Schreibtisch!
Gesa

– Übersicht: Hinter den Kulissen des GEOMAR