Tag der deutschen Einheit Stuttgart: Besucher fragen – Wissenschaftler antworten (IV)

Auf hoher See sieht man oft Wasser soweit das Auge reicht. Doch aus wie viel Wasser bestehen eigentlich unsere Ozeane? (Foto: Karen Hissmann, GEOMAR) Auf hoher See sieht man oft Wasser soweit das Auge reicht. Doch aus wie viel Wasser bestehen eigentlich unsere Ozeane? (Foto: Karen Hissmann, GEOMAR)

Knapp zwei Drittel der Erdoberfläche sind von den Ozeanen bedeckt. Aber wie viel Wasser ist das eigentlich? Warum ist das so salzig? Und was haben Kissen auf dem Meeresboden verloren?
Das sind einige der Themen unserer dritten Folge der Serie „Besucher fragen – Wissenschaftler antworten“, in der wir Fragen beantworten, die uns Menschen beim diesjährigen Bürgerfest zum Tag der deutschen Einheit in Stuttgart gestellt haben.
Forscher vom Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ und vom GEOMAR geben hier Antworten – viel Spaß beim Lesen!

Wie viele Ozeane gibt es?
„Heute gibt es fünf Ozeane auf unserem Planeten: Arktischer, Antarktischer, Atlantischer, Indischer und Pazifischer Ozean. Diese bilden das sogenannte Weltmeer. Zusammen mit den Nebenmeeren (zu denen auch die Ostsee gehört) bedecken sie insgesamt 71 Prozent der Erdoberfläche. Die Ozeane unterscheiden sich jedoch durch Volumen, Salzgehalt, Gezeitensysteme, Wellen und Meeresströme sowie in ihrer erdgeschichtlichen Entwicklung. Zusätzlich verändern sie sich ständig.“
Dr. Steffen Kutterolf, Geologe und Vulkanologe am GEOMAR

Wie viel Wasser gibt es in unseren Ozeanen?
„Wenn man das Wasser der Ozeane zusammenrechnet, kommt man auf ein Volumen von insgesamt 1,335 Milliarden Kubikkilometer. Wenn man das Wasservolumen der Ozeane abschätzt, kommt man bei einer Fläche von etwa 360 Millionen Quadratkilometern (71% der Erdoberfläche) und einer mittleren Wassertiefe von 3688 Metern auf ein Gesamtvolumen von 1,335 Milliarden Kubikkilometern. Eine genaue Auflistung der Wassermengen in den einzelnen Ozeanen gibt es hier in der Übersicht.“
Prof. Dr. Heidrun Kopp, Geophysikerin und Leiterin des Forschungsbereiches Dynamik des Ozeanbodens am GEOMAR

Wie tief ist der tiefste Ozean?
„Die tiefste bisher gemessene Tiefe im Ozean ist mit etwa 10.994 Metern das Challengertief, das sich im Marianengraben, im westlichen Nordpazifik befindet (Koordinaten: 11°22.4′ N 142°35.5′ E). Diese Tiefenangabe beruht auf einer Vermessung, die im Jahre 2011 mit einem hochgenauen Echolot durchgeführt wurde. Das Echolot ist ein am Schiffsrumpf befestigtes Gerät, das Schallwellen aussendet, und diese, nach Reflektion am Meeresboden, auch wieder empfängt. Aus der Laufzeit der Schallwellen lässt sich dann die Entfernung bestimmen.
Es stellt sich die Frage: Wie extrem ist diese Tiefe? Wäre der Meeresboden überall etwa 10.000 Meter tief, dann wären die 10.994 Meter eigentlich nichts Besonderes.
Aufschluss darüber bringt die sogenannte “Hypsografische Kurve der Meerestiefen”: Sie gibt an, wie viel Quadratkilometer Meeresboden mit einem bestimmtes Tiefenintervall verbunden sind.
Die Kurve zeigt schnell, dass das Challengertief tatsächlich extrem ist. Es gehört nämlich zu der Gruppe der ,Tiefseerinnen’, die alle Meerestiefen über 6.500 Meter umfassen. Sie sind nur auf etwa 0,2 Prozent des Ozeanbodens zu finden.
Ganz anders als die etwas “flacheren” Tiefseeebenen (Tiefen zwischen 4.000 Metern und 6.500 Metern). Diese charakterisieren mit 53 Prozent den größten Teil des Meeresbodens. Immerhin 30 Prozent des Ozeangrundes ist zwischen 2.000 und 4.000 Metern tief. Die restlichen etwa 16 Prozent werden von den Kontinentalsockeln und den Küstenregionen (also flacher als 2.000 Meter) beansprucht.
Diese Verteilung ergibt eine mittlere Ozeantiefe von etwa 3.700 Metern Tiefe – nur etwa ein drittel so Tief wie das Challengertief.
Damit ist das Challengertief die tiefste Stelle im Ozean.“
Dr. Johannes Karstensen, Ozeanograph am GEOMAR

Das Challengertief ist mit 10.994 Metern die tiefste Stelle im Ozean. Sie befindet sich im südwestlichen Teil des Marianengrabens im Pazifik. (Quelle: Kmusser via wikimedia commons (CC-BY-SA-3.0))

Das Challengertief ist mit 10.994 Metern die tiefste Stelle im Ozean. Sie befindet sich im südwestlichen Teil des Marianengrabens im Pazifik. (Quelle: Kmusser via wikimedia commons (CC-BY-SA-3.0))

Warum ist das Meer salzig?
„Um diese Frage zu beantworten muss man sehr weit in der Erdgeschichte zurückreisen. Und zwar bis zur Entstehung unseres Planeten. Denn die Atmosphäre damals bestand vermutlich vor allem aus Wasserdampf, vermischt mit Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, ,Salzsäure-Dampf’, Schwefel, Stickstoff, Wasserstoff, Helium und nur sehr wenig Sauerstoff. Zu der Zeit gab es noch keinerlei Lebewesen. Als sich die Temperaturen auf der Oberfläche unseres Planeten vor etwa vier Milliarden Jahren weit genug abgekühlt hatte, kondensierte der Wasserdampf und es begann zu regnen. Und genau dieser Regen war durchmischt mit Salz- und Schwefelsäure. Die Säure zerfraß die gerade erst erkalteten Gesteine an der Erdoberfläche. Dabei entstanden Becken, in denen sich das Wasser sammelte. Das war der erste Ozean, der sogenannte Urozean. In dem Wasser lösten sich auch Mineralien. Durch sie und den salzhaltigen Regen kam also das Salz zum ersten Mal in das Wasser unseres Planeten. Schon damals lag der Salzgehalt ungefähr so hoch wie heute: nämlich bei 35 Promille. Das heiß, wenn man sich tausend Teilchen aus dem Meerwasser herausnimmt, werden 35 davon Salz-Teilchen sein.“
Dr. Steffen Kutterolf, Geologe und Vulkanologe am GEOMAR

Kissenlava am Mittelatlantischen Rücken im Südatlantik. (Foto: ROV KIEL 6000, GEOMAR)

Kissenlava am Mittelatlantischen Rücken im Südatlantik. (Foto: ROV KIEL 6000, GEOMAR)

Was ist Kissenlava?
„Kissenlava ist eine spezielle, aber sehr häufige Form von untermeerisch ausgeflossener Lava, die nur unter Wasser oder Eis entstehen kann. Sie besitzt typischerweise eine glasige Oberfläche, die durch das schnelle Auskühlen der Lava beim Kontakt mit Meerwasser entsteht. Während des Fließvorganges entgasen ursprünglich in der Gesteinsschmelze gelöste Volatile (flüchtige Verbindungen) wie CO2 und Wasser. Dadurch bleibt ein großer Teil der Blasen im Gestein.
Laven können unter Wasser hunderte von Metern in sogenannten Förderkanälen am Meeresboden oder unter einem Gletscher fließen. Darin sind sie durch die äußere isolierende Kruste gegen das kalte Meerwasser geschützt. Die charakteristische Kissenform sieht man entweder am Ende des jeweiligen Schlauches oder auch in einem Querschnitt durch die Förderkanäle.
Priv.-Doz. Dr. Thor Hansteen, Vulkanologe am GEOMAR

Viele Grüße vom Ostufer in Kiel,
Gesa Seidel