SO 287-CONNECT: Im krassen Kontrast zur Küste

Deep Blue. Foto: Martin Hieronymi/ Hereon

Das Forschungsschiff Sonne rauscht leise und kaum wellenbewegt gen Westen durch den tropischen Atlantik. Ein tolles Schiff mit jedem Komfort für die Wissenschaft – durchdacht von der modernen Ausrüstung zur Wasser-Probennahme und für Beobachtungen der Wasseroberfläche und der Atmosphäre, bis hin zu gemütlichen Kammern und einer Messe mit 1A-Seeblick. Dazu kommt eine gute Verbindung zur Außenwelt fast wie im Homeoffice – nur ohne nervige Videokonferenzen – dafür gerne an Deck bei milden Temperaturen im Schatten und weitem Horizont.

Bei Tag und bei Nacht werden Kranzwasserschöpfer in die Tiefe gelassen, um biogeochemische Eigenschaften zu profilieren und Wasserproben aus verschiedenen Tiefen nehmen zu können. Die Sensoren durchfahren die (tagsüber) lichtdurchflutete Durchmischungsschicht (hier meist die oberen 50 Meter), die Sauerstoffminimumzone und weiter durch Wasser in diffus-blauem Lichtschein bis hinab in die stockdunkle Tiefsee. Tatsächlich taugt der Vergleich mit einer Wüste; es sind nur kleinste Mengen an pflanzlichem Plankton im nährstoffarmen Wasser vorhanden, viel klareres Meerwasser gibt es kaum – der Ozean schimmert tiefblau. Entsprechend große Wassermengen müssen filtriert werden, um z.B. optische Algeneigenschaften bestimmen zu können. Phytoplankton hat Farbpigmente wie Chlorophyll-a und nutzt Sonnenstrahlungsenergie für Photosynthese, wobei u.a. Sauerstoff produziert wird. Damit ist Phytoplankton Ausgangspunkt des marinen Nahrungsnetzes, wichtiger Teil des globalen Kohlenstoffkreislaufs und trägt einen Großteil des verfügbaren Sauerstoffs in der Atmosphäre bei.

CTD-Rosette wird zu Wasser gelassen. Foto: Martin Hieronymi/ Hereon

In Binnengewässern und an Küsten gibt es üblicherweise ein höheres Nährstoffangebot. Diese Gewässer sind produktiver und weisen viel höhere Algenkonzentrationen auf. Teilweise kommen noch aufgewirbelte Sedimente und andere Schweb- und Farbstoffe hinzu, die das Wasser stark trüben; Licht für Photosynthese reicht dann oft nicht tiefer als einen Meter. Die Licht-Absorptions- und Streueigenschaften der Wasserinhaltsstoffe verändern die Farbe. Im Übergang vom tiefen Ozean zu den Küsten und bis hin zu Flüssen und Seen ändern sich die Farbnuancen in der Reflektanz – Ocean Colour – von Preußisch-Blau zu Karibik-Türkis, Badesee-Grün, Bergbau-Unfall-Rotbraun, Giftalgen-Rot bis hin zu Cola-Schwarz. Satelliten im All umkreisen die Erde kontinuierlich und nehmen dabei Bilder von Land und Seegebieten auf. Ocean Colour wird genutzt, um Konzentrationen von Wasserinhaltsstoffen abzuschätzen – vor allem vom Chlorophyll-a des Phytoplanktons.

Geplante Fahrtroute der Expedition. Die Färbung zeigt die Chlorophyll-a Konzentration des Ozeans basierend aus Satellitendaten.

Mit dem Ziel verlässliche Erdbeobachtungsdaten für das gesamte aquatische Kontinuum Ozean-Küste-Binnengewässer liefern zu können, müssen die biooptischen Zusammenhänge auch in den entlegensten Meereswüsten untersucht werden. Obwohl es selbst hier etwas Leben im Meer gibt: winzige Krebse, Larven, Quallen und in der Tiefsee vermutlich noch vieles mehr. Vögel sieht man hier nicht, dafür gelegentlich fliegende Fische. Und obwohl wir eines der klarsten Seegebiete der Welt – die Sargassosee – ansteuern, hoffen wir Sargassum-Wälder aufzuspüren, große zusammenhängende Braunalgenteppiche, die an der Wasseroberfläche treiben, erhebliche Primärproduktion erzeugen und einen besonderen Lebensraum für Krabben, Würmer und andere Meerestiere darstellen. Die Augen sind aufs Meer gerichtet – die Satelliten leiten uns.

Martin Hieronymi/ Hereon