Navigators Wochenbericht: Zwischen Hoppel- und Wabbeltieren

Ohrenqualle (Aurelia aurita) im Vivarium Zoo Basel. Foto: Patrick Bürgler Ohrenqualle (Aurelia aurita) im Vivarium Zoo Basel. Foto: Patrick Bürgler (CC BY-SA 2.5)

Sommerlöcher erkennt man landläufig daran, dass ausgebüxte Kängurus durch die Medien hoppeln. Die Märkische Allgemeine konnte ihren Lesern diesen Klassiker gepflegten Ferienjournalismus’ bereits servieren. In Frankenförde gerieten Bürger, Hunde und Rinder aus dem Häuschen, nachdem ein Buschkänguru gesichtet wurde. Polizei und Tierärzte rückten an und sorgten mit ein paar Betäubungspfeilen aus dem Blasrohr dafür, dass schnell wieder Ruhe einkehrte.

Wir beschäftigen uns derweil mit Quallen.

Egal, ob Wind und Strömung die Eckernförder Bucht vorübergehend zur Puddingschüssel machen oder Sylturlauber nach Zusammenstößen mit den Nesseltieren essigsauer behandelt werden müssen – das Telefon in der GEOMAR-Pressestelle klingelt verlässlich. Die Warnung von 18 Meereswissenschaftlern im Fachmagazin Biological Invasions, die Erweiterung des Suezkanals würde die Zuwanderung von Quallen aus dem Roten Meer ins Mittelmeer begünstigen, warf zusätzliche Fragen auf.

Zwischen Dienstreise und Urlaub (kleiner Hinweis an Journalisten!) beantwortete unsere Expertin Dr. Jamileh Javidpour diese Woche einige dieser Anfragen.

Auch in die Berichterstattung zu einer Studie der Kieler Geoökologin Sabine Mathesius schlichen sich die Wabbeltiere ein. Während ihrer Zeit am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) untersuchte die junge Wissenschaftlerin in einem deutsch-amerikanischen Team mit Hilfe von Computer-Simulationen, ob Maßnahmen zum „Carbon Dioxide Removal“ (CDR), das künstliche Zurückholen von Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre, die Ozeane vor der zunehmdenden Versauerung retten kann. Das Ergebnis ist negativ.

Den Lübecker Nachrichten sagte Sabine Mathesius: „Auch, wenn wir den globalen Zustand untersucht haben, ist das auf die Ostsee übertragbar.“ Die ersten Auswirkungen seien bereits zu beobachten: „Es gibt viel mehr Quallen, weil sie mit den veränderten Bedingungen gut klarkommen.“

Mikroskopaufnahme einer Rippenqualle

Mikroskopaufnahme einer Rippenqualle. Foto: Jamileh Javidpour

Dass die glibberigen Opportunisten Umweltveränderungen offenbar für sich zu nutzen wissen, bestätigt auch Jamileh Javidpour: Während in den 80er und 90er Jahren maximal etwa 50 Quallen pro 100 Kubikmeter Wasser in der Kieler Förde zu finden waren, können es heute zeitweise bis zu fünf Mal so viele sein. Auch Rippenquallen, die aus Nordamerika stammen und im Ballastwasser von Schiffen in unsere Gefilde emigrierten, sind wieder weit verbreitet. Javidpour hat den Quallen einen eigenen Blog namens “Jellymeter” gewidmet und entwickelt zurzeit eine App, die bei der Arten-Bestimmung hilft. Dazu berichten wir später im Jahr mehr.

Bis dahin wünsche ich allen Strandurlaubern ein unverglibbertes Badevergnügen (beim Kontakt mit Feuerquallen helfen hoffentlich die Tipps des Erste-Hilfe-Zentrums Kiel) und allen, die weiter im Landesinneren leben, ein Känguru am Barbecue.

Ein schönes Wochenende,
Maike Nicolai