Navigators Wochenbericht: Unterwegs auf allen Weltmeeren

POSEIDON dampft neuen Abenteuern entgegen. Foto: Maike Nicolai, GEOMAR POSEIDON dampft neuen Abenteuern entgegen. Foto: Maike Nicolai, GEOMAR

Sommerzeit – Reisezeit. Wohin die Leser dieses Wochenberichts wohl unterwegs sind…? Ich war seit Beginn der Ferien bereits im Golf von Kalifornien vor der mexikanischen Küste (nicht zu verwechseln mit dem Golf von Mexiko, aber das ist eine andere Geschichte), in der Karibik und in der Clarion-Clipperton Zone mitten im Pazifik.

Ja, ich komme viel herum als Mitarbeiterin der GEOMAR-Pressestelle!

Für keine dieser Reisen musste ich die Atmosphäre mit größeren Mengen Kohlendioxid belasten. Ich habe auch keinen Lagerkoller, Heimweh oder Jetlag bekommen. Trotzdem war ich überall live und in Farbe dabei. Immer in der ersten Reihe.

Aber ehe jetzt Neid aufkommt: Manchmal war ich seekrank…

Seit einiger Zeit nehmen Forschende des GEOMAR auf jede ihrer Expeditionen eine Video-Kamera mit, um ihre Arbeiten zu dokumentieren. Das Rohmaterial landet nach Fahrtende auf meinem Computer. Beim Konvertieren, Sortieren und Aussortieren, Umbenennen, Verschlagworten, Archivieren und beim Zusammenstellen von Footage-Sammlungen bekomme ich einen ziemlich guten Einblick in die Arbeit meiner Kollegen und Kolleginnen auf den sieben Weltmeeren. Und irgendwann das Gefühl, ich sei selbst mit unterwegs gewesen.

Los geht’s meistens mit Bildern voller Vorfreude. Sobald alle Kisten an Bord gebracht sind und die Sicherheitseinweisung absolviert ist (Wen ich schon alles in diesen unförmigen Überlebensanzügen gesehen habe…!), werden die Leinen losgeworfen – oft von ganz kleinen Persönchen irgendwo am unteren Bildrand (Worum geht’s denn bloß auf diesem Bild?!  Ach so, um die Ameise mit dem Helm!).

Dann gleiten die Forschungsschiffe langsam aus dem Hafen – fast immer ziemlich effektvoll (Sofern die Kamera richtig eingestellt ist) in einen Sonnenuntergang hinein. Der Kameramann oder die Kamerafrau stehen dann meistens mitten in einer Gruppe aufgeregt plaudernder und lachender Mitreisender. Manchmal schnappe ich einen Kommentar auf, lächle voller Reiselust in mich hinein und denke: “Leute, kommt mir bloß heil zurück!”

Dass meistens alle läääängst wieder zuhause sind, wenn ich diese Bilder sehe, vergesse ich in diesen Momenten leicht.

Die täglichen Arbeiten an Bord sind mal akribisch (zum Beispiel, wenn Geologen die Aufbereitung von Proben aus dem Schwerelot filmen) oder ziemlich eilig (zum Beispiel, wenn Geologen Organismen vor die Linse purzeln) festgehalten. Mal entfährt mir ein “Wow!”, weil das Licht schön schräg einfällt, die Linse sauber ist und der beherzte Schwenk punktgenau mitten in der Action landet. Oder weil ich selbst beim Anschauen der Filme in meinem Büro noch spüre, wie die Luft an Bord vor Aufregung knistert.

Manchmal klingt mein spontaner Kommentar allerdings auch wie ein “Au!”, weil Köpfe abgeschnitten sind, Getränkedosen zentral im Bild herumstehen und die gezeigten Personen bis wenige Sekunden vor Clip-Ende nicht recht zu wissen scheinen, was sie eigentlich gerade tun wollten.

Dann sind da immer diese verwackelten Aufnahmen von dunklen Flecken und irgendeinem gerade noch zu erkennendem Sprutz zwischen den Wellen. Wale. Das ist dann meist der Moment, in dem ich seekrank werde und schwankend nach dem “delete”-Knopf taste. Liebe Filmerinnen und Filmer: Genießt den Anblick, macht vielleicht schnell ein Foto. Aber versucht gar nicht erst, irgendetwas mit unseren kleinen Kameras festzuhalten, es wird sowieso Murks. Und wer bitteschön will solche Momente durch den Sucher erleben?!

Auf allen Weltmeeren unterwegs - am Video-Schnittplatz des GEOMAR. Foto: Maike Nicolai, GEOMAR

Auf allen Weltmeeren unterwegs – am Video-Schnittplatz. Foto: Maike Nicolai, GEOMAR

Manchmal überraschen mich die Kollegen mit eigenen Erinnerungsfilmen an ihre Expedition. Jedes Bild verrät, wie stark der Zusammenhalt an Bord war, wie alle gemeinsam der Super-Probe entgegen gefiebert und neue Entdeckungen gefeiert oder wie Besatzung und Wissenschaft Hand in Hand für das beste Ergebnis gesorgt haben. Noch so ein “Wow!”-Moment.

Besonders aufregend wird, es, wenn unsere Tauchroboter ROV KIEL 6000, ROV PHOCA, HYBIS oder das Tauchboot JAGO mit an Bord sind. Denn dann bekomme ich auch Unterwasseraufnahmen zu sehen. Während der Film minutenlang über meinen Bildschirm wabert, fühle ich mich wie eine Pionierin. Ob gleich wohl ein Schwarzer Raucher auftaucht? Was sich wohl am Ende dieses Manganknollen-Feldes befindet? Ob sie mir wieder einen dieser süßen kulleräugigen Oktopusse mitgebracht haben? Was ist das denn für ein schwimmender Wackelpudding? Hey, geh mal ran an diese aufrecht stehenden Spaghetti! Immer tiefer tauche ich in die Bilder ein und vergesse völlig, dass ich ja in meinem “Videolabor” sitze…

Ein schönes (Reise)Wochenende,
Maike Nicolai

P.S.: Zurzeit sind Kollegen mit einer unserer Kameras UND in Begleitung eines Profi-Filmers unterwegs auf der SONNE. Mehr dazu in ihrem Blog “Ecological Aspects of Deep-Sea Mining”.

Eine süße Überraschung, der Krake, gefilmt und fotografiert mit dem Tauchroboter ROV KIEL 6000. Foto: ROV-Team, GEOMAR

Krake, gefilmt und fotografiert mit dem Tauchroboter ROV KIEL 6000. Foto: ROV-Team, GEOMAR