Navigators Wochenbericht: Meeresforschung zu Gast in Hannover

Wir waren noch mit den Spätfolgen österlichen Schokoladenschmauses beschäftigt, da erreichte uns Anfang dieser Woche eine Nachricht aus der Kanadischen Provinz British Columbia: Forscher haben dort in ihren Wasserproben radioaktives Cäsium 134 entdeckt. Das Isotop ist charakteristisch für den Unfall am 11. März 2011 im Atomkraftwerk Fukushima. Noch einmal zeigt sich das globale Ausmaß der Katastrophe – auch, wenn die jetzt gemessenen Konzentrationen äußerst gering sind und beispielsweise unter den für Trinkwasser zulässigen Grenzwerten liegen.

Dass das radioaktive Material vor der Nordamerikanischen Küste ankommen wird, hatten auch Forscher des GEOMAR bereits vor drei Jahren vorausberechnet. Die Menge wird aus Sicht der Kieler Experten in den nächsten ein bis zwei Jahren noch ansteigen und dann wieder absinken. Sie wird aber deutlich unter den Werten bleiben, die nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 in der Ostsee gemessen worden waren.

Simulierte Ausdehnung des kontaminierten Wasses im Sommer 2012, 16 Monate nach der Reaktorkatastrophe. Die Farben illustrieren die Verdünnung relativ zur ursprünglichen Ausgangskonzentration in den japanischen Küstengewässern: die höchsten Werte (rot gefärbt) betragen noch etwa ein Tausendstel der Werte im April 2011.

Simulierte Ausdehnung des kontaminierten Wasses im Sommer 2012, 16 Monate nach der Reaktorkatastrophe. Die Farben illustrieren die Verdünnung relativ zur ursprünglichen Ausgangskonzentration in den japanischen Küstengewässern: die höchsten Werte (rot gefärbt) betragen noch etwa ein Tausendstel der Werte im April 2011. Grafik: GEOMAR

In der kommenden Woche sind die Kieler Meereswissenschaften auf der Messe InwaterSolutions in Hannover vertreten. Dabei präsentiert der  Kieler Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ zwei Themenschwerpunkte aus der anwendungsorientierten Forschung: Neue Erkenntnisse aus der marinen Aquakultur und die Zukunft von Mikroalgen für Energie und Ernährung.

Aufgrund stagnierender Erträge aus der Fischerei und der steigenden Nachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung ist eine Versorgungslücke entstanden, die heute zu rund einem Drittel aus Aquakulturen gedeckt wird. Doch wann ist Aquakultur nachhaltig zu bewerten? Für eine Vielzahl an Produkten hat sich die Bewertung nach der so genannten Lebenszyklusanalyse (LCA) oder besser bekannt unter dem Stichwort Ökobilanz bewährt. Im Rahmen der Aquakulturforschung am Standort Büsum – Gesellschaft für marine Aquakultur GMA – soll nun diese Methode speziell für die marine Aquakultur angewendet und mit spezifischen Indikatoren versehen werden. Dr. Biniam Samuel-Fitwi vertritt den Cluster für dieses Projekt.

Versuchsbecken bei der GMA in Büsum. Foto: Maike Nicolai, GEOMAR

Versuchsbecken bei der GMA in Büsum. Foto: Maike Nicolai, GEOMAR

Das Potenzial von Mikroalgen steht im Fokus des zweiten Projektes, das vom Botanischen Institut an der Uni Kiel präsentiert wird. Der Postdoktorand Dr. Opayi Mudimu und die Doktorandin Karoline Schreiber haben dafür ein Mikroalgen-Exponat mitgebracht, das unterschiedliche Algenarten zeigt. Mikroalgen kommen in der Natur in großer Vielfalt vor. Einzelne Arten könnten eine alternative Quelle für Biodiesel werden. Auch für Omega-3-Fettsäuren sind bestimmte Mikroalgen eine gute Quelle. Das Ziel der Forschenden am Standort Kiel ist es, eine kostengünstige Variante für die Mikroalgenzucht zu entwickeln. Desweiteren gilt es, Mikroalgen zu finden, die zum Beispiel besonders viel Kohlendioxid binden oder einen besonders hohen Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen besitzen.

Das GEOMAR ist ebenfalls vertreten, unter anderem mit neu entwickelten Tiefseelampen, die auch schon ihre Bewährungsprobe im echten Forschungseinsatz bestanden haben, wie man unter anderem im EADSM-Blog nachlesen kann. Neben dem Tauchroboter ROV PHOCA wird auch das an der Fachhochschule Kiel in Zusammenarbeit mit dem GEOMAR entwickelte Autonome Unterwasserfahrzeug TomKyle wird in Hannover zu bestaunen sein.

Abtauchen! Foto: A. Villwock, GEOMAR

TomKyle beim Testtauchgang am GEOMAR. Foto: Andreas Villwock, GEOMAR

Einen weiteren Ausblick möchten wir auf die Ausstellung „Future Ocean Dialogue“ geben. Am 22. Mai 2015 feiert sie im Audimax der Christian-Albrechts-Universität Deutschlandpremiere. Anlass ist das große Campusfest zum 350jährigen Jubiläum der Universität. Die Ausstellung der Kieler Meeresforscher, die im vergangenen Jahr in Brasilien getourt ist, beschäftigt sich mit den Themen nachhaltige Fischerei, Ozeanströmungen – und Beobachtungssysteme, Ozeanversauerung und Klimawandel, Müll im Meer, Ressourcen und gibt einen Einblick in die Tiefen der Ozeane. Die gemeinsam von GEOMAR und Future Ocean konzipierte Ausstellung wird abgerundet durch Geräte aus der Meeresforschung am GEOMAR wie beispielsweise Modelle eines Gleiters oder des autonomen Unterwasserfahrzeug ABYSS . Die Ausstellung ist am 22. Mai von 8 bis 18 Uhr und vom 26. bis 29. Mai von 8 bis 18 Uhr für die Öffentlichkeit geöffnet. Schulklassen haben die Gelegenheit, sich für 30minütige Führungen anzumelden, unter info(at)forschungswerkstatt.de

Am 22. Mai gibt es darüber hinaus noch weitere Aktivitäten für Schülerinnen und Schüler. Am Vormittag gibt es zwei Vorträge von Meeresforschern. Von 9 bis 10 Uhr spricht Professor Mojib Latif vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel über „Die fantastischen Ozeane und warum wir sie schützen sollten“ (für 8. bis 10. Klasse) und von 11 bis 12 Uhr Professor Sebastian Krastel vom Institut für Geowissenschaften an der CAU über „Erdbeben, Hangrutschungen, Tsunamis und andere Gefahren aus dem Meer“ (5.-7. Klasse). Auch das ozean:labor der Kieler Forschungswerkstatt ist mit einer Experimentierstation zum Thema „Verschmutzung im Ozean“ mit im Audimax vertreten.

Ein schönes Wochenende und auf Wiederlesen,
Friederike Balzereit, Jan Steffen, Maike Nicolai