Navigators Wochenbericht: Sonniges Begleitprogramm für internationale Sonnen-Konferenz

In Kiel leider nur im Livestream zu sehen: Die #SoFi2015. Dafür tagte die ganze Woche die #SCC2015 in Kiel. Foto: J. Steffen In Kiel leider nur im Livestream zu sehen: Die #SoFi2015. Dafür tagte die ganze Woche die #SCC2015 in Kiel. Foto: J. Steffen

Na, wer hat heute die Sonnenfinsternis gesehen? Wir in Kiel nicht. Jedenfalls nicht mit eigenen Augen. Denn pünktlich um 9 Uhr zogen dichte Nebelschwaden über die Förde, die bis zum Mittag den Himmel verdunkelten. Aber zum Glück gab es ja genug Live-Streams online.
Dafür hat die Sonne uns schon am Mittwoch einen Gruß der besonderen Art geschickt. Wie in vielen Teilen Deutschlands waren auch an der Ostseeküste über mehrere Stunden Polarlichter zu sehen. Ein fantastisches Naturschauspiel – und für uns umso passender, weil ausgerechnet in dieser Woche eine internationale wissenschaftliche Konferenz zum Thema Sonne in Kiel tagte.

Der Beweis: Ausgerechnet in der Woche der "Sun-Climate Connections" Konferenz waren in Kiel Polarlichter zu sehen. Titelseite der Kieler Nachrichten von Donnerstag mit einem Foto von Frank Peter.

Der Beweis: Ausgerechnet in der Woche der “Sun-Climate Connections” Konferenz waren in Kiel Polarlichter zu sehen. Titelseite der Kieler Nachrichten von Donnerstag mit einem Foto von Frank Peter.

Welchen Einfluss hat die Sonne auf das Klima der Erde? – Spätestens beim Stichwort Klimawandel gehen hier die Meinungen auseinander. Viele Fragen zum genauen Einfluss sind bis heute offen. Auf der „Conference on Sun-Climate Connections 2015“ in Kiel haben sich diese Woche mehr als 90 Expertinnen und Experten aus 23 Ländern getroffen, um neue Forschungsergebnisse zu diesem Thema auszutauschen und zum Teil auch öffentlich zu diskutieren. Organisiert hatte die Konferenz die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Katja Matthes aus der Forschungseinheit „Maritime Meteorologie“ des GEOMAR. Wir aus der Öffentlichkeitsarbeit haben die Veranstaltung intensiv begleitet. Denn ihr Ziel war nicht nur der Austausch aktueller Erkenntnisse zwischen Fachleuten, sondern auch, diese Erkenntnisse an die Öffentlichkeit weiter zu vermitteln.
So haben sich im Rahmen der Konferenz auch Klassen von drei verschiedenen Kieler Schulen  gemeinsam mit Klimaforschern über das Thema Sonne und ihren Einfluss auf das Klima ausgetauscht. Rund 60 Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 19 Jahren sind dafür ins Wissenschaftszentrum Kiel gekommen. Bei drei verschiedenen Workshops stand nach einer allgemeinen Einführung von Katja Matthes vor allem das aktive Mitwirken der Schüler im Vordergrund.
Der erste Workshop bestand aus einer klassischen Posterpräsentation. Im Vorfeld hatten die Schülerinnen und Schüler im Unterricht Poster zum Thema erstellt, die nun den Wissenschaftlern der Konferenz vorgestellt und gemeinsam besprochen wurden. „In kleinen Gruppen haben wir uns mit unterschiedlichen Schwerpunkten beschäftigt“, sagte mir Hussein El- Hajali (18)“, von der Max-Planck-Schule Kiel. „Gemeinsam haben wir dann das Poster erstellt und wir sind stolz auf das Ergebnis“. Auch die Forscher haben speziell für diesen Anlass vereinfachte Poster angefertigt, um den Schülerinnen und Schülern anschaulich die Thematik darstellen zu können.  „In der Schule haben wir schon in vielen Fächern über das Thema Klima gesprochen. Es ist toll, nun Informationen von Wissenschaftlern zu erhalten, die sich Tag für Tag mit diesem Thema auseinandersetzen“, erzählt mir die Schülerin Shannon Schmidt (19), ebenfalls von der Max-Planck-Schule.

Konferenzalltag für potenzielle Nachwuchsforscher: Wissenschaftler diskutieren mit Schülerinnen und Schülern Projekte und Ergebnisse im Rahmen einer Postersession. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Konferenzalltag für potenzielle Nachwuchsforscher: Wissenschaftler diskutieren mit Schülerinnen und Schülern Projekte und Ergebnisse im Rahmen einer Postersession. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Workshop zwei bestand aus einer  Debatte, in der zwei Klimaforscher kontroverse Theorien über den Einfluss der Sonne auf das Klima vertraten. So übernahm einer der Forscher auf dem Podium die Position, dass der Mensch nicht zum Klimawandel beitrage, sondern die Sonne alleine ausschlaggebender Faktor sei. Der zweite Forscher vertrat die gegenteilige Meinung und stellte den Mensch als Verursacher des Klimawandels in den Vordergrund. So sollten die Schüler lernen, wie wissenschaftliche Argumentationsmuster funktionieren und angewendet werden. Trotzdem hätte sich Hussein die Debatte noch hitziger vorgestellt und sich mehr direkte Diskussionen gewünscht.
Im dritten Workshop konnten die Schüler mit Hilfe eines Modells, dem „Planeterella“, beobachten, wie Polarlichter entstehen. Die Simulation ist eine Entwicklung des französischen Wissenschaftlers Jean Lilensten vom Observatoire des Sciences de’Univers de Grenoble. Während der Konferenz war sie erstmals in Deutschland zu sehen. Ein passender Programmpunkt nach den echten Himmelserscheinungen in dieser Woche.

Erstmals in Deutschland zu sehen: Der Nordlicht-Simulator "Planeterrella". Foto: J. Steffen, GEOMAR

Erstmals in Deutschland zu sehen: Der Nordlicht-Simulator “Planeterrella”. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Durch viele interessante Fragen und Anmerkungen waren alle Workshops lebendig und kommunikativ. Dabei war auch die englische Sprache kein Hindernis. „Obwohl ich schon einiges über das Thema wusste, habe ich sehr viele neue Dinge dazugelernt und ich bin sehr beindruckt, was die Wissenschaftler schon alles über die Sonne sagen können“, sagte mir Hussein nach der Poster-Session.

Auch Mathe- und Physiklehrerin Katrin Schinner, die schon zu früheren Zeitpunkten mit Schulkassen an Projekten des GEOMAR teilgenommen hat, zeigte sich erfreut über den gelungenen Vormittag: „Der Workshop war eine tolle Gelegenheit, den Schülern ein so wichtiges Thema näherzubringen. In der Schule wird dieses spezielle Thema sonst nicht behandelt“. Aus diesem Grund sollen neben klasseninterner Nachbereitung die Ergebnisse auch innerhalb der Schule weitergegeben werden. „Wir erhalten die Poster der Wissenschaftler und werden diese gemeinsam mit den von uns erstellten in der Schule aushängen“, sagt die Lehrerin.

 

Als weiteres Angebot an die Öffentlichkeit stellten sich Professorin Katja Matthes vom GEOMAR, der Klimawissenschaftler Professor Dr. Guy Brasseur vom Max-Planck-Institut für Meteorologie Hamburg, der Klimawissenschaftler Dr. Gian-Kasper Plattner von der Universität Bern und die Sonnenphysikerin Dr. Margit Haberreiter (PMOD/WRC, Davos) im Rahmen einer öffentlichen Podiumsdiskussion den Fragen des interessierten Publikums. Im Zentrum stand die zugespitzte Frage, wer denn nun am Klimawandel schuld sein, „Sonne oder Mensch?“ Im Laufe der Diskussion zeigten sich durchaus unterschiedliche Ansätze im Details, die auch in unterschiedlichen Arbeitsweisen der einzelnen Wissenschaftsdisziplinen begründet sind. „Das Problem ist oft, dass jeder in seinem Bereich beschäftigt ist und man sich untereinander nicht austauscht. Aber das wollen wir mit Konferenzen wie der SCC2015 ändern“, sagte Katja Matthes. Im Endeffekt herrschte zwischen allen Teilnehmern der Diskussion aber Einigkeit, dass die Sonne zwar Klimaschwankungen mit steuert (vielleicht sogar erheblich), dass der seit etwa 100 Jahren zu beobachtende Klimawandel aber nicht auf die Sonne zurückgeführt werden kann. Klare Schlussworte für eine interessante Konferenz.

Öffentliche Podiumsdiskussion mit Dr. Margit Haberreiter (PMOD/WRC, Davos), Prof. Dr. Katja Matthes (GEOMAR), Prof. Dr. Guy Brasseur (MPI für Meteorologie Hamburg) und Dr. Gian-Kasper Plattner (Uni Bern). Foto: Jan Steffen, GEOMAR

Öffentliche Podiumsdiskussion mit Dr. Margit Haberreiter (PMOD/WRC, Davos), Prof. Dr. Katja Matthes (GEOMAR), Prof. Dr. Guy Brasseur (MPI für Meteorologie Hamburg) und Dr. Gian-Kasper Plattner (Uni Bern). Foto: Jan Steffen, GEOMAR

Damit geht eine für Kieler Verhältnisse sehr sonnige (ja, auch wettermäßig) Woche zuende. Schönes Wochenende und bis zum nächsten Wochenbericht!

Jan Steffen / Jane Dalock

 

P.S.: Nachtrag zum Wochenbericht vom 13.3. Bei der zweiten angekündigten Publikation zum Thema Meeresspiegelanstieg handelte es sich um diese hier. Darüber hat am Dienstag auch der Deutschlandfunk in seiner Sendung “Forschung aktuell” berichtet.