Navigators Wochenbericht: Nachhaltigkeit, Spiele, viele internationale Gäste und Neues aus dem Golf von Kalifornien

Dr. Jörn Schmidt vom Exzellenzcluster "Future Ocean" erklärt auf dem Ocean Sustainability Science Symposium das Spiel "ecoOcean". Foto: Friederike Balzereit, Future Ocean Dr. Jörn Schmidt vom Exzellenzcluster “Future Ocean” erklärt auf dem Ocean Sustainability Science Symposium das Spiel “ecoOcean”. Foto: Friederike Balzereit, Future Ocean

In den vergangenen drei Tagen stand für die Kieler Meeresforschung das Thema „Können wir den Ozean nachhaltig nutzen?“ im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Mehr als 120 Gäste aus aller Welt aus den Natur-, Sozial- und Gesellschaftswissenschaften sind dafür auf Einladung des Exzellenzclusters “Ozean der Zukunft” zum ersten „Ocean Sustainability Science Symposiums“ nach Kiel gereist. Entsprechend aufregend war die Woche auch für alle, die mit der Organisation zu tun hatten.

Zum Auftakt begeisterte Prof. Reinhold Leinfelder, Direktor des Haus der Zukunft in Berlin und Paläontologe an der FU Berlin, rund 70 Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinem öffentlichen Abendvortrag über das „Welterbe Ozean“. Am Mittwoch und Donnerstag trafen sich dann Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Vertreter aus Politik, Gesellschaft, von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie Nachwuchsforschende zur eigentlichen Konferenz, um über den nachhaltigen Schutz und die verantwortungsvolle Nutzung des Ozeans und seiner Küsten zu diskutieren. Auf vier große Themen haben die Organisatoren dabei ihren Fokus gelegt: auf die Frage nach Indikatoren, die maßgeblich für einen nachhaltigen Umgang mit dem Ozean sein können, auf den Wandel der Küstenregionen, auf Capacity-Building-Konzepte und auf die Rolle von Spielen und Comics für die Wissensvermittlung (siehe Bild oben).
Einen ausführlichen Bericht über den Vortrag von Reinhold Leinfelder und das Symposium lesen Sie im Ocean Sustainability Blog.

120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen, Vertreter aus Politik, Gesellschaft, von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie Nachwuchsforschendetrafen sich  zum Ocean Sustainability Science Symposium in Kiel. Foto: F. Balzereit, Future Ocean

120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen, Vertreter aus Politik, Gesellschaft, von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie Nachwuchsforschendetrafen sich zum Ocean Sustainability Science Symposium in Kiel. Foto: F. Balzereit, Future Ocean

Auch sonst ging es diese Woche in Kiel international zu. Bei einem Workshop tauschten sich Vertreter der bereits kooperierenden  Forschungseinrichtungen Plataforma Oceánica de Canarias (PLOCAN), der Universität Las Palmas de Gran Canaria (ULPGC) und  des Instituto Nacional do Desenvolvimento das Pescas (INDP) zusammen mit dem GEOMAR über  die Möglichkeit einer Zusammenarbeit aus. So sollen Studentinnen und Studenten, sowie Doktoranden die Möglichkeit bekommen an internationalen Projekten teilzunehmen und an verschieden Standorten zu forschen. Mehr dazu hier.

Die Möglichkeit an unterschiedlichen Standorten Erkenntnisse über eine Forschungsfrage gewinnen zu können, nutzen auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forschungsprogramms GAME („Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“). Zu einer ökologischen Fragestellung führen jedes Jahr bis zu 20 Studentinnen und Studenten zeitgleich identische Experimente in allen teilnehmenden Ländern durch. Anschließend tragen sie  ihre Ergebnisse, die aufgrund ihrer globalen Vergleichbarkeit einen hohen Stellenwert besitzen, wieder gemeinsam zusammen. Für die Vorbereitung dieser Experimente zum diesjährigen Thema „Wie reagieren Meeresorganismen auf die Erwärmung der Ozeane“ sind Studenten aus acht verschiedenen Ländern nun in Kiel zusammengekommen. Am Mittwoch begrüßte sie Kiels Stadtpräsident Hans-Werner Tovar im Rathaus und zeigte sich begeistert, dass Kiel das Zentrum der wissenschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit ist.  Die Besonderheit in diesem Jahr: Griechenland ist mit der Universität von Piräus erstmals vertreten und macht das internationale Projekt somit noch bunter. Mehr dazu hier oder im GAME-Blog.

Stadtpräsident Hans-Werner Tovar (stehend Mitte) und ratsherr Benjamin Raschke, (stehend links) empfangen GAME-Koordinator Mark Lenz (stehend rechts) und die GAME-Studierenden im Kieler Rathaus. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Stadtpräsident Hans-Werner Tovar (stehend Mitte) und Ratsherr Benjamin Raschke, (stehend links) empfangen GAME-Koordinator Mark Lenz (stehend rechts) und die GAME-Studierenden im Kieler Rathaus. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Schon vergangene Woche hatte uns der Biologe und Postdoc Jan-Henk Hoving (FutureOcean/GEOMAR) mit seinem Expeditionsbericht in den Golf von Kalifornien entführt. Es ist immer spannend, wenn Biologen in die Tiefe des Ozeans schauen, bekommen wir doch oft ungewöhnliche und schöne Bilder vom Leben in der Dunkelheit zu sehen. So auch diesmal: Tintenfische, Quallen und der seltene Laternenfisch sind vor die Linse des Tauchroboters geschwommen. Einen weiteren ausführlichen Bericht von Jan-Henk Hoving  gibt es auf den Seiten des Monterey Bay Aquariums Research Institutes (MBARI).

Die marine Assel Anuropus ist ungefähr 7 cm (3 inch) lang und lebt in Symbiose mit einer Qualle. © MBARI

Die marine Assel Anuropus ist ungefähr 7 cm (3 inch) lang und lebt in Symbiose mit einer Qualle. © MBARI

Ein Exemplar des seltenen Tiefsee-Kalmars Ancistrocheirus. © MBARI

Ein Exemplar des seltenen Tiefsee-Kalmars Ancistrocheirus. © MBARI

Ein weiteres spannendes Thema diese Woche war  das der Temperaturrekonstruktionen in den Ozeanen. Sie sind wichtig, um zu verstehen, wie sich die Umwelt und das Klima in der Vergangenheit entwickelt haben. Denn dann sind auch Aussagen über eventuelle zukünftige Veränderungen möglich. Diese Temperaturrekonstruktionen sind mithilfe von Foraminiferen möglich: einzelligen Lebewesen, die Kalkschalen bilden, in denen sie Informationen über die Temperaturen und die Zusammensetzung des Meerwassers speichern. Bei ihrem Tod sinken die Organismen an den Meeresboden. Die gespeicherten Informationen bleiben dabei erhalten. Um an diese zu gelangen entnehmen Paläoozeanographen Sedimentkerne, in denen sie die Schalen dieser Foraminiferen finden. Darüber, wie genau die Sedimentkerne entnommen werden, berichtete unser Kollege Jan bereits im Wochenbericht vom 20. Februar. Anschließend können die Wissenschaftler die Informationen mit modernen Analysemethoden entschlüsseln. Problematisch ist dabei jedoch, dass die Orte, an denen die Schalen gefunden werden, nicht zwangsläufig  mit den Orten übereinstimmen, an dem die Foraminiferen die Informationen gespeichert haben. Grund dafür ist die Meeresströmung, die die Foraminiferen bis zu ihrem Tod teilweise mehrere hundert Kilometer durch das Meer treiben lässt. Genau zu diesem Problem hat ein internationales Team von Forscherinnen und Forschern eine Studie angefertigt, mit der sie jetzt erstmals anhand konkreter Sedimentkerne und mit Hilfe von Ozeanmodellen die möglichen Abweichungen der rekonstruierten Temperaturen ermittelt haben. Diese  Studie wurde diese Woche im internationalen Online- Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

Kurz zusammengefasst – es war eine Menge los in dieser Woche. Auch die kommenden Wochen versprechen interessant zu werden. Dann startet unter anderem eine neue Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE zu Manganknollen im Pazifik. Doch dazu mehr im nächsten Wochenbericht.

Bis dahin wünschen wir ein schönes Wochenende,

 

Friederike Balzereit & Jane Dalock