Die Reise von Flaschenpost 51

Fertig für die Reise: Die Sender-Flaschenpost kurz vor der Abfahrt ins Skagerrak. Foto: J. Steffen, GEOMAR Fertig für die Reise: Die Sender-Flaschenpost kurz vor der Abfahrt ins Skagerrak. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Es gibt Geschichten, die sind so schön, dass nur das Leben selbst sie schreiben kann. Genauso eine hat sich in diesem März in der Kieler Bucht abgespielt. Ein Fischer, der auch noch den schönen Nachnamen Fischer trägt, fischte nahe dem Kieler Leuchtturm nach Dorsch und Butt. Dabei  fing aber auch eine Bierflasche. Das an sich ist nicht ungewöhnlich. Müll gibt es in der Ostsee (leider) genug. Doch bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus: Die Flasche war nicht das Überbleibsel einer feucht-fröhlichen Bootsparty, sondern eine Flaschenpost. Eine ziemlich alte sogar. In der Flasche steckte eine Postkarte, die ein gewisser Richard Platz aus Berlin während seines Urlaubs 1913 den Wellen der  Ostsee übergeben hatte. Damit gehört diese Flaschenpost zu den am längsten gereisten maritimen Botschaften weltweit.

Der Fund erregte natürlich Aufmerksamkeit, weit über die Kieler Region hinaus. Das berühmte Fund – oder sollte man besser sagen: Fischer-Stück? – ist mittlerweile Teil der Sammlung des  Internationalen Maritimen Museums Hamburg (wo übrigens auch die Deutsche Meeresforschung prominent vertreten ist).

Doch damit endet die Geschichte noch nicht. Denn eine Flaschenpost regt die Fantasie an. Ein Hauch von Abenteuer und  großer weiter Welt hängt an dem Begriff. Die Spannung des Ungewissen macht ihn noch interessanter. Kein Wunder also, dass kurze Zeit nach dem Sensationsfund das Telefon bei uns in der GEOMAR-Pressestelle klingelte. Frank Behling, Experte der „Kieler Nachrichten“ für maritime Themen ( Frank Behlings Blog Kiel-Wasser), stellte uns ein Projekt der Zeitung vor. Und er fragte, ob wir dabei helfen könnten. Kurz gesagt ging es darum, dass Kinder aus Schleswig-Holstein eigene Nachrichten in Flaschen auf die Reise schicken sollten. Um nicht wieder 101 Jahre warten zu müssen, wo die Flaschen schließlich landen, wollten die Kieler Nachrichten eine Flasche mit einem Sender ausstatten, über den man live verfolgen sollte, wohin zumindest diese Flasche ihren Weg nehmen würde.

Da auch bei uns viele Kolleginnen und Kollegen von der berühmten Flaschenpost gehört hatten, waren wir gern bereit zu helfen. Zumal schriftliche Nachrichten in versiegelten Flaschen auch in der Geschichte der Ozeanographie eine  Rolle spielen. Im 19. Jahrhundert gab beispielsweise die „Deutsche Seewarte“ (Vorgängerorganisation des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie www.bsh.de) Handelsschiffkapitänen Flaschen und Formulare mit auf die Reise. Zu einem bestimmten Zeitpunkt trugen die Kapitäne auf den Formularen ihre aktuelle Position ein, rollten das Formular in die Flasche, verschlossen sie gut und warfen sie über Bord. Das Formular enthielt darüber hinaus die Bitte an eventuelle Finder, Zeitpunkt und Ort des Fundes einzutragen und das Blatt mit der Post an die Deutsche Seewarte in Hamburg zu schicken.  So wollten die frühen Ozeanographen mehr über Meeresströmungen erfahren . Nicht nur die Deutsche Seewarte wendete diese Methode an. 2012 fanden Fischer beispielsweise vor den Shetland Inseln eine Flaschenpost, die ein Wissenschaftler der Glasgow School of Navigation 1914 ausgesetzt hatte. Auch sie sollte der Erforschung der Meeresströmungen dienen.

Auch heute noch untersuchen Wissenschaftler Meeresströmungen mit Hilfe frei treibender Messgeräte. Heute senden diese Geräte, „Floats“ genannt, aber regelmäßig per Satellit ihre Position. So wissen die Forscher jederzeit, wo sich ihre Messgeräte befinden.

Und damit waren wir auch die richtigen Ansprechpartner für die neue Flaschenpost-Aktion. Denn natürlich haben die Techniker und Wissenschaftler des GEOMAR viel Erfahrung mit Positionsübertragungen aus dem offenen Ozean. Dennoch war die Anfrage der Kieler Nachrichten eine kleine Herausforderung an die Mitarbeiter im Technik- und Logistikzentrums (TLZ). „Die meisten Geräte, die wir bauen, sollen tauchen, nicht an der Oberfläche schwimmen“, erklärt Dipl.-Ing. Andreas Pinck vom GEOMAR-TLZ. Ein in Bezug auf Leistung, Genauigkeit und Lebensdauer ausreichender Sender stand zwar zur Verfügung, passt aber nicht in die Standard-Flaschen der Kieler Nachrichten. Und er wäre für sie auch zu schwer gewesen. „Also mussten wir eine eigene Flasche bauen, die aber den anderen Flaschen ähneln sollte“, sagt Pinck. Genau die richtige Übung für zwei jüngere Kollegen, die technischen Mitarbeiter Lars Jurkat und Christian Soinski. Aus Verbrauchsmaterialen bauten sie einen wasserdichten Schwimmkörper, der das Gewicht des Senders tragen kann, gleichzeitig aber stark an die andere Flaschen der Kieler Nachrichten erinnert.

 


Zusammen mit 50 normalen Flaschenpost-Nachrichten wurde die Nummer „51“ im Rahmen der KN-Aktion  jetzt im Skagerrak ausgesetzt. Die Signale des Senders werden von Argos-Satelliten aufgefangen und vom französischen Provider Collecte Localisation Satellites (CLS) verarbeitet und gespeichert. CLS ist eine Tochter der französischen Raumfahrtagentur CNES. „In der Meeresforschung nutzen wir das ARGOS-System vor allem für Positionsbestimmungen, während wir für die Übertragung von umfangreicheren Mess- oder Missionsdaten aus dem Ozean eher auf die Iridium-Satellitenkommunikation zurückgreifen“, erklärt Pinck, „für die Flaschenpost ist ARGOS aber genau richtig“. So kann man ab jetzt den Weg von Flaschenpost 51 im Internet verfolgen, durch das Skagerrak nach….

Wir sind gespannt!

2 thoughts on “Die Reise von Flaschenpost 51

  1. Mich würde ja mal interessieren, wie lange das Gerät ein Signal senden kann. Welche Technik wird da verwendet? Vielleicht ein paar mehr Details in einem weiteren Artikel?

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