Atlantik, 07.01.2018, 8° N 21° 8′ W

Liebe interessierte Leser, Kollegen, Familien und Freunde,

wie Sie vielleicht schon aus einem früheren Blogeintrag erfahren haben, arbeiten wir an Bord der Maria S. Merian in zwei Gruppen rund um die Uhr. Aufgeteilt ist die wissenschaftliche Besatzung in die Petrologie-  und Bathymetriegruppe. Wir möchten Ihnen einen Einblick in den Arbeitsalltag der Gruppen und ihren Teams geben und erklären, was diese eigentlich genau machen. Heute möchten wir Ihnen die Bathymetriegruppe vorstellen.

Unser Team besteht aus 6 Wissenschaftlern, 3 „Seniors“ und 3 Studenten.  Jeweils ein „Senior“ arbeitet zusammen mit einem Studenten, aufgeteilt auf drei Schichten, zusammen. Da wir nicht nur für die Kartierung des Arbeitsgebietes zuständig sind, sondern auch mit dem Team der Petrologen z.B. Probenlokationen bestimmen, herrscht ein stetiger Austausch zwischen den Gruppen.

Aber was ist Bathymetrie? Bei der Bathymetrie wird mit Hilfe eines Echolots ein Modell der Meeresbodentiefe errechnet, welches später als Grundlage für die Karten dient. Dabei werden von einem Sender, der unter dem Schiff angebracht ist, fächerartig Schallimpulse ausgesendet. Am Meeresboden werden die Schallwellen nun mehr oder weniger stark von der Oberfläche reflektiert. Je härter das Material am Grund des Ozeans ist, umso stärker ist das zurückgestrahlte Signal. Da der Meeresboden nicht homogen ist, sondern aus Vulkanen, Klüften, Transformstörungen und Ebenen besteht, werden die Schallwellen nicht nur unterschiedlich stark, sondern auf Grund der Höhenunterschiede auch nach verschiedenen Laufzeiten reflektiert. Diese rückgestrahlten Schallwellen werden von einem Empfänger aufgezeichnet. Aus den unterschiedlichen Laufzeiten wird anschließend das Tiefenmodell errechnet. Die Schallgeschwindigkeit im Meerwasser ist mit ca. 1500 m/s um ein vielfaches höher als in der Luft. Somit dauert es nur wenige Sekunden, bis man Informationen über die Tiefe erhält. Anschließend müssen die Daten noch aufbereitet werden, bevor sie in sogenannten Geoinformationssystemen weiterverarbeitet werden können.

Für die Bestimmung der Probenlokationen wird sich, neben dem Tiefenmodel, dieselbe Technik zunutze gemacht. Über die verschieden starke Reflektion der Schallwellen, das sogenannte Backscatter-Signal (Rückstreuung), können mögliche Dredge-Positionen bestimmt werden. Im Backscatter-Signal erscheinen Gebiete, in denen Gestein ansteht, als helle Flächen, wohingegen sedimentierte Areale durch dunkle Flächen gekennzeichnet sind. Da wir die Vulkane der‚ Bathymetrist Seamount Chain‘ beproben wollen, nutzen wir diese hellen Flächen, um an die Gesteine zu kommen, aus denen die Vulkane bestehen. In Rücksprache mit unserer Fahrtleiterin werden über dieses Signal die Strecken für mögliche Beprobungen mit einer so genannten Dredge (dazu später mehr) festgelegt. Doch starke Backscatter-Signale sind nicht nur auf vulkanische Gesteine zurückzuführen, sondern lassen auch auf anderen harten Meeresboden, wie Manganknollen, Kobaltkrusten oder Phosphorite, schließen. Daher muss jede geologische Interpretation von neuen Tiefen- und Backscatterkarten durch Meeresbodenproben überprüft und werden. Aber genau das zeichnet die Wissenschaft aus, das gemessene und dessen Interpretationen, unter Umständen, neu zu bewerten und neue Ansätze zu finden.

Martin Schade, Janto Schönberg
CAU

[English]

Dear interested reader, colleagues, families and friends,

 As you may have read in a previous blog entry, on-board the Maria S. Merian we are divided into two groups that work around the clock. There is the group of the petrologists and of the bathymetrists and we would like to give you an insight in the working routines of the different groups on this expedition. In today’s blog entry, we would like to present you the work of the latter group – the bathymetrists.

Our team consists of six scientists, half of them “seniors” and the other half students. Each “senior” is paired with one student and together, this team is responsible for one of the three eight-hour-shifts of the day. Mapping the seafloor is not our sole task as bathymetrists. Together with the petrologists, we also have to select e.g., suitable locations for the deployment of the dredge in order to get the best possible samples.

But what exactly is bathymetry? The purpose of bathymetry is to compute depth-models that can then be used as a basis for maps of the seafloor. To acquire the necessary data, a transmitter attached under the keel of the vessel emits acoustic signals in a fan-shape that are reflected from the seafloor in different intensities, depending on the surface material. The harder the material (e.g. rock) the stronger is the reflected signal. As the seafloor is not a consistent, homogenous flat area, but a diverse landscape with features such as volcanoes, crevices, transform faults or large planes, there are differences in depth. Accordingly, the acoustic signals travel different amounts of time before they are detected and recorded by the receiver. From these differences in time the depth-model is calculated and displayed graphically. Since the velocity of sound is much faster in water than in air, up to 1500 m/s, the time it takes the sound to travel from the vessel to the seafloor and back is in the order of seconds. After the acquisition of the information, the dataset is edited and cleaned before it can be used as a map in geographical information systems.

To determine possible sample locations the same principles are used. Apart from a bathymetric map, we use the differences in reflection intensities, also called backscatter signal, to make interpretations of the seafloor material for the selection of promising and interesting sites and subsequent deployment of the dredge (we come back to that later). In the visualization of the backscatter signal, areas with unsedimented rocks appear bright while areas covered under sediments are much darker. Since our aim is to get volcanic samples from the Bathymetrist Seamount Chain, we use this visualization to find the rocks of which these volcanoes consist – basalt. Our findings are then shared and discussed with the chief scientists and based on this, dredge locations are selected. However, the interpretation of bright areas in the backscatter signal, do not neccesarily indicate volcanic rocks, but can also point to other hard ground, consisting of e.g. manganese nodules, cobalt crusts or phosphorites. Therefore, the geological interpretation of every new bathymetric and backscatter map needs to be evaluated and ground truthed by seafloor sampling. But, that is science – to constantly re-evaluate and adapt interpretations and to develop new approaches.

 Martin Schade, Janto Schönberg
CAU

 

Um die großflächige Meeresbodenvermessung der Expedition MSM70 so effektiv wie möglich zu gestalten arbeiten unsere  Bathymetriker eng mit den Brückenoffizieren zusammen. Hier beraten sich Sandra Schilling (2. Naut. Offizier, links), Dr. Morgane Le Saout und Martin Schade auf der Brücke.
To  create the most effective survey patterns for the large scale mapping of expedition MSM70 it is important for the bathymetrists to work closely together with the bridge officers. Here Sandra Schilling (2nd naut. officer, left), Dr. Morgane Le Saout and Martin Schade discuss ship tracks on the bridge. 

Die “alte” Karte unseres Arbeitsgebietes, die General Bathymetric Chart of the Ocean (GEBCO, links) basiert hauptsächlich auf Satellitendaten und hat eine Auflösung von maximal 800 m. Während der Expedition MSM70 erreichen wir durchgängig eine Auflösung von 50 m. In den flachen Bereichen sogar bis zu 25 m! Das ist ein enormer Erkenntnisgewinn und die detaillierte Auswertung wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

The “old” General Bathymetric Chart of the Ocean (GEBCO, left) is mainly based on satellite data with a spatial resolution of at most 800 m. During expedition MSM70 we achieve a constant resolution of 50 m. In the shallower regions we can even reach 25 m! This is an incredible gain in our knowledge of the seafloor and a detailed interpretation of the new maps will take some time.

3 thoughts on “Atlantik, 07.01.2018, 8° N 21° 8′ W

  1. Fragen an die fleißigen Forscher:
    1. Wurden die “Bathymetrist Seamounts” von Bathymetristen benannt oder wie kommt es zu dem Namen?
    2. Ist der Schall des Echolots hörbar? Für Menschen, Tiere, ausserhalb des Wassers?
    3. Kann der Backscatter erkennen, wie dick das Sediment ist und was sich darunter befindet?
    Auf die Antworten freut sich Folke

    • Hallo Folke, vielen Dank für die Fragen!

      1. Ja, zumindest einige der Seamounts sind nach Bathymetrikern benannt. Zum Beispiel heißt es im gemeinsamen Sitzungsprotokoll der INTERGOVERNMENTAL OCEANOGRAPHIC COMMISSION (of UNESCO) und INTERNATIONAL HYDROGRAPHIC ORGANIZATION das der Whitney Seamount nach Mr. Joseph WHITNEY, Angestellter in der “USNOO Bathymetry Division”, benannt wurde.

      2. Der Schall des Echolotes ist tatsächlich auch ausserhalb des Wassers zu hören. Allerdings nur wenn es sehr still ist und man ganz genau hin hört. Manchmal, wenn es windstill ist und kaum Wellen rauschen, kann man direkt am Schiff ein leises Zwitschern vernehmen.

      3. Da unsere Schallwellen immer auch ein wenig in das Sediment eindringen kann man mit der Rückstreuung durchaus abschätzen wie dick das Sediment ist. Die Eindringtiefe hängt aber stark von der Sedimentbeschaffenheit ab. Berechnungen haben ergeben das ein 12 kHz Tiefwasserecholot durchaus noch einige Meter tief in das Sediment eindringen kann. Mit den nötigen Referenzwerten kann man dann auch Sedimentmächtigkeiten bestimmen. Um herauszufinden was tief unter den Sedimenten liegt gibt es aber andere Methoden (z.B. Seismik).

      Beste Grüße,
      Nico Augustin

Comments are closed.