Let‘s do the time warp again!

—english version below—

 

„Ok, du musst jetzt vorsichtig unter die Schaufel kriechen und die Schrauben festziehen. Ich passe so lange bei der Kontrollkonsole auf, dass der Strom abgeschaltet ist und die Schaufel sich nicht schließt.“

Soweit, so Edes Plan. Als dann im nächsten Moment der Ausbruch des Vulkans Langila eine elektromagnetische Entladung oberhalb der SONNE verursacht, die sich in Form eines Blitzeinschlages in die Bagger-Schaufel, in der ich mich ausgerechnet in diesem Moment befinde, manifestiert, sich die Schaufel schließt und der Energiestoß den Bagger in einen meereswissenschaftlichen DeLorian verwandelt, sind wohl alle kurz überrascht. Ich selbst vermutlich noch etwas mehr, denn als ich wieder zu mir komme und einen Blick auf meine GEOMAR-Zeitreise-App werfe, die extra für solche Fälle an alle Mitarbeiter ausgegeben wird, befinde ich mich im Jahre 1890 – knapp zwei Jahre nach dem Kollaps von Ritter Island.

 

ede_sterne

GL-zertifiziert: Techniker Ede und sein Bagger. Achtung: Kann Spuren von Zeitreisen enthalten.

 

Nun stehe ich hier in Finschhafen, hinter mir die etwas angeschlagene Bagger-Blechdose und schaue mich um: Nicht wirklich viel los. Eine Kolonisten-Kogge, ein paar Fischerboote und eine Hafenkneipe. Da Rum-Kola im Moment verlockender klingt als Fisch und/oder Konversationen mit Deutschen, entscheide ich mich für die Hafenkneipe.

 

Ich setze mich an die Theke und bestelle beim Wirt einen ortstypischen Drink – Rum mit dunklem Zuckerrübensaft. Die praktische GEOMAR-Zeitreise-App übersetzt dabei das Gesprochene in die jeweilige gewünschte Sprache.

 

Als ich mich gerade über die örtlichen Sehenswürdigkeiten informieren möchte, werde ich jäh von einem pöbelnden Trunkenbold unterbrochen: „trinkt aus Piraten yoho…yoho!“

Der Wirt schüttelt den Kopf. „Er nun wieder“, übersetzt die App. „Seit der großen Welle vor zwei Jahren ist der Steinhauser nicht mehr ganz bei sich. War hier eigentlich als Kolonist unterwegs. Dann war da diese Sache mit der Insel und alles hat sich verändert.“

‚Steinhauser…Steinhauser…ja!‘ klingelt es in meinem Gedächtnis. Melanie hat mir doch an Bord von einem deutschen Kolonisten namens Robert Steinhauser erzählt, der akribisch Aufzeichnungen über den Ritter Island-Kollaps und die Flutwelle angefertigt hatte. Ich muss die Gelegenheit nutzen.

„Herr Steinhauser?“.

„Wa?“.

 

Währenddessen auf FS SONNE…

 

„Scheiße. Das Ding geht nicht auf und der Hiwi ist da drin. Wat mach ich denn jetzt? Ok, ruhig bleiben, ist ja auch gleich Kaffee. Ich geh am besten erst Mal ein Stück Kuchen holen. Und auch eins für den Hiwi.“

*Klopf Klopf*

„Bin gleich wieder da. Dann hol ich dich da raus.“

 

Zurück im Jahr 1890.

„Und als ich mit der Häuptlingstochter gerade ernst machen wollte, war da auf einmal dieses extrem laute Krachen. Auf anderen Inseln haben die Leute das auch gehört. Manchmal aber auch nur ein leises Summen. Jedenfalls haben wir dann in die Richtung geschaut, aus der das Geräusch kam: die Ritter Insel. Aber was Minuten zuvor noch eine spitz zulaufende Insel gewesen war, war auf einmal nur noch ein kleiner halbmondförmiger Steinhaufen –versunken in einer riesigen Staubwolke. Und kurze Zeit später kam dann die Welle. Und die machte dann die Küsten der umliegenden Inseln dem Erdboden gleich.“

„Und dann haben sie ihr Schiff klargemacht und sind zu einer der Inseln gesegelt um ihre Kolonisten Kumpeln zu retten?“

„Ey. Wer erzählt hier die Geschichte? Die literarisierte, mit modernem Sprachduktus ausgestattete und dennoch authentische Primärquelle oder du?“

„Ja ist gut. Entschuldigung.“

„Jedenfalls hab‘ ich dann mein Schiff klargemacht und bin nach West New Britain gesegelt um meine Kolonisten Kumpeln zu retten.“

„Ach…!“

„Pff. Ich kam allerdings zu spät. Von zweien meiner Kollegen fand ich nur noch Kleidungsstücke. Die nahe am Wasser gelegenen Dörfer der Einheimischen waren völlig zerstört. Ein paar Menschen überlebten, weil die Welle sie in Bäume gespült hatte. In 10 m Höhe. Üble Sache. Und ein riesiger Zufall, dass wir Kolonisten auf den Inseln waren und mit unseren Taschenuhren die genauen Zeiten der Ereignisse festhalten konnten.

Wüsste gern, wie das alles passieren konnte und warum so ein kleiner Vulkan mitten im Meer solche Zerstörung anrichten kann.“

„Nun, Herr Steinhauser, die verschwundenen Gesteinsmassen müssen ja irgendwo sein. Und zwar auf dem Meeresgrund. Die Flanke der Ritter Insel ist oberhalb der Wasserlinie vollständig abgerutscht, hat dabei eine Menge Wasser verdrängt und so den Tsunami, also die Welle, verursacht.“

„Jaja, Vulkan…Welle…Tote…Rum?“

„Rum. Prost.“

 

Währenddessen auf FS Sonne:

 

„Leck mich Fett. Ich krieg die scheiß Schaufel nicht auf. Dann muss ich jetzt wohl den Chef rufen.“

Der Fahrtleiter aktiviert wenige Minuten später seine Hiwi-Rückhol-Zeitmaschinen-Drohne (Tardes-Drohne!) und reist in die Vergangenheit. Denn als Professor weiß er selbstverständlich, dass die Schaufel des GL-zertifizierten Baggers nicht nur geschlossen ist, sondern mich auch ins Jahr 1890 geschickt hat.

Dort lässt er mich ein letztes Glas leeren. Steinhauser liegt da schon längst in einer Ecke und sieht alles andere als gesund aus. Dann reisen wir zurück in die Zukunft.

Dass es sich dabei nicht um unsere Zukunft handelt und uns unser größtes Abenteuer erst noch bevorsteht, ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

 

On the next episode of SO252: Die Abenteuer des Zeit-Professors und seines Gehilfen Hiwi-Boy.

 

 

Historische Korrekturen:

 

*von Finschhafen aus war Ritter Island in der Realität nicht sichtbar – man erfuhr dort erst mit einem gewissen Zeitversatz von dem Ereignis

 

* Steinhauser und seine Rettungsmission trafen erst 2 Tage nach dem Kollaps mit der Kolonisten-Kogge Ottilie in West New Britain ein, er fand auch nicht alle Dörfer zerstört vor

 

*Steinhauser ist natürlich nicht der einzige Zeitzeuge. Auch weitere Kolonisten fertigten Aufzeichnungen der Ereignisse an (in Finschhafen z.B.: Kapitän Hütter, Gouverneur von Schleinitz, Kapitän Schneider). Literaturempfehlung: Fire Mountains of the Islands von R. Wally Johnson

 

Vielen Dank an Melanie Ray für die umfassenden Hintergrundinformationen!

 

 

Soweit erstmal,

 

eure Zeitreisenden von SO252

 

 

 

 

Autor*innen: Michel Kühn, Bettina Schramm, Anne Völsch, Melanie Ray

Bildbearbeitung: Theresa Roth

 

 

—english version—

 

“So, you’ll go carefully under the buckets, and tighten the screws, while I stand at the controls and make sure that the electricity is turned off and the grabber doesn’t close.”

That was Ede’s plan. So when volcano Langila erupted, causing an electromagnetic discharge above the Sonne that manifested as a fork of lightning, which struck exactly on to the grabber that I was located in at exactly that particular moment, and when the electric shock turned exactly that same grabber into an ocean science DeLorian, everyone seemed quite surprised. I suppose I was a little more surprised than most, because when I came to and took a look at my GEOMAR-TimeTravel-App, (given as standard equipment for these kinds of situations to all GEOMAR employees) I am in the year 1890 – about two years after Ritter Island collapsed.

So there I stand in Finschhafen, in front of the somewhat banged up tin-can grabber and take a look around. There’s not really much going on, a colonial cog, a few fishing boats and a harbour inn.  Right now rum-cola has a lot more going for it than fish and/or conversations with colonialists, so I head for the harbour inn.

I take a seat at the bar and order a favourite local beverage – Rum and dark sugar beet juice. The really very useful GEOMAR-TimeTravel App translates everything I say simultaneously to the local jargon.

Just as I begin to ask about local sights, a rowdy drunk interrupts me “Zdrink up, Pirates, cheerz, woohoo!” The barkeeper shakes his head. “Him again,” the App translates, “Since the big water two years ago Steinhauser just hasn’t got a grip. He was just an average colonial guy. Then the island thing happened and everything changed.”

“Steinhauser, …Steinhauser…oh yeah!” I begin to remember. Just a few days ago on the Sonne, Melanie had told me about a German Colonialist called Robert Steinhauser who had written a meticulous account about the collapse of Ritter Island and the tsunami that followed it. I have to take this opportunity.

“Mr. Steinhauser?”

“Ummm?”

In the meantime on the Sonne…

“Sh*t. That thing just won’t open and there’s a student inside. What do I do now? Ok, stay calm, it’s coffee break soon. It’s best if I go get a bit of cake before I do anything else…I’ll bring some for the student too.”

*Knock, Knock*

“I’ll be back soon. Then we’ll get you out of there.”

Back in 1890…

“And as the chief’s daughter was gettin’ down to business, there was this really loud noise. People on other islands heard it too, but sometimes they only got a quite one…Whatever, so then we looked out towards where the noise came from, Ritter Island.  Minutes before it was a pointy cone shaped island and now, it was just a half-moon shaped pile of stones in a giant dust cloud. And then the wave came. And that just flattened everything on all the islands around there.”

“And then, you went on a ship that was sent to one of the islands to save your colonial friends?”

“Hey! Who’z telling this story? The literary figure, equipped with modern linguistic style who is nevertheless an authentic primary source, or you?”

“Right, sorry, do continue…”

“So then, I went on a ship that was sent to West New Britain to go save my colonial friends”

“Really!”

“Pff!..But, we were too late. Just the odd bit of clothing was left of my two colleagues. All the villages were completely destroyed. Some of the people survived, because the wave washed them up into the trees. 10 meters up into the trees! It was bad. And a total coincidence that we colonialists were here and could record the times at which it all happened using our pocket watches. Sure’d like to know how such a small volcano in the middle of the ocean could cause such terrible destruction.”

“Well, Mr. Steinhauser, the rock mass that disappeared from the island has to be somewhere. And that somewhere is the bottom of the ocean. The flank of Ritter Island slid into the ocean and displaced a whole load of water and caused the tsunami…the wave.”

“Uh huh, volcano…wave…death…rum?”

“Rum. Cheers!”

Meanwhile on the Sonne…

Knock me down with a feather! I still can’t get the bloody grabber to open.  I’m going to have to get the Boss.”

A few minutes later the Chief Scientist activates his Return-a-Student Timemachine-Drone and travels into the past. Naturally, being a professor he knows that the grabber is not just closed, but has also sent me back to the year 1890.

He lets me empty one last glass – Steinhauser is already rolling around in the corner looking everything but healthy – and then we travel Back to the Future.

That it is not our future we are travelling to and that our biggest adventure is yet come, is not clear to us at this point in time.

Coming soon on SO252: The adventures of the time professor and his helper Studi-Boy

Some minor corrections:

  • You couldn’t actually see Finschhafen from Ritter Island and they found out about the collapse of the island after the wave had arrived
  • Steinhauser and the rescue mission arrived in West New Britain 2 days after the disaster with their colonial cog “Ottilie” and not all the villages they saw were destroyed.
  • Steinhauser is not the only eyewitness of course. Further colonial staff recorded the events (e.g. in Finschhafen Captain Huetter, Gov. von Schleinitz and Captain Schneider). Recommended Reading: Fire Mountains of the Islands by R. Wally Johnson

That’s all folks!

Your time travellers from SO252

Authors: Michel Kühn, Bettina Schramm, Anne Völsch, Melanie Ray

Photo editing: Theresa Roth

 

One thought on “Let‘s do the time warp again!

  1. Ahoi Sonne!
    Elvis lebt! Aber liebe Freunde der Schwerkraft, Zeitreisen… Ha! Das wusste doch schon Albert Schweizer mit seiner Lambarene-Theorie, das geht gar nicht, das Kann keiner! Naja, bis auf Chuck Norris, der ist aber bei euch gar nicht dabei. Also: Lügenpresse, oder? Da hat wohl jemand das falsche Stück vom Kugelfisch erwischt oder den Seegurkensalat falschrum verschluckt. (Ich hoffe es geht ihm/ihr inzwischen besser)
    Dann: Letzte Woche gab es auf Tele 5 die Filme Sharknado II + III. Die muss man ja unbedingt nicht gesehen haben. Hab ich dann auch gemacht, wollte die aber aufzeichnen… Da hat mein Recorder gestreikt. Helene Fischer oder Dieter Bohlen wären OK, aber so etwas!!! Das käme ihm nicht auf die Festplatte…Da regnet es Haie und son Quark…, ob es bei mir irgendwo reinregnet?? Zur Strafe hat er dann nen Mutantenstadel aufgenommen. Da kannste nix gegen machen. Der hat auch heimlich diesen Text geschrieben.

    Hier sind -4°, schnatter. Heute sechs Caches geloggt(???)
    So long und dass mir die Sonne nicht untergeht.
    Rolf B. aus O

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *