Messung von pH-Wert-Änderungen im Meerwasser

Der benthische Lander des MPI für Marine Mikrobiologie auf dem Arbeitsdeck der POSEIDON. Foto: Allison Schaap. Der benthische Lander des MPI für Marine Mikrobiologie auf dem Arbeitsdeck der POSEIDON. Foto: Allison Schaap.

Dies ist bereits der 11. Tag unserer Forschungsreise in die Nordsee. Hier wollen wir die Chemie der Wassersäule sowie die Biogeochemie und Ökologie des Meeresbodens an einem Ort untersuchen, an dem wir im nächsten Jahr experimentell Kohlendioxid unter dem Meeresboden freisetzen werden. Kohlendioxid experminentell freisetzen — das klingt nach einem merkwürdigen wissenschaftlichen Ziel. Aber es gibt gute Gründe dafür.

Ehemalige öl- und erdgasführende Formationen, die Hunderte oder Tausende von Metern unter dem Meeresboden liegen, gehören zu den Quellen für Kohlenstoff, der sich heute in unserer Atmosphäre als Kohlendioxid ansammelt.

Die Emissionen von Kohlendioxid können mit verbesserter Technologie, verbesserter Effizienz und zunehmender Nutzung erneuerbarer Energien reduziert werden. Sie können aber auch gesenkt werden, wenn man CO2 aktiv an Punktquellen wie Kraftwerken abtrennt und es in geologischen Formationen speichert, die esmöglichst langfristig halten können. Zu den Kandidaten gehören ehemalige öl- und erdgasführende Lagerstätten tief unter dem Meeresboden. Wenn Erdgas dort über Millionen von Jahren natürlich gehalten werden konnte, ist es wahrscheinlich ein guter Standort für die Sequestrierung von Kohlendioxid.

Ein weiterer Vorteil dieser Formationen ist, dass die Infrastruktur, die für die Gewinnung von Erdöl und Erdgas entwickelt wurde, genutzt werden kann, um Kohlendioxid wieder in sie einzuspeisen.

Unser Ziel bei der Freisetzung von Kohlendioxid am dem Meeresboden im nächsten Jahr ist es, die potenziellen Schäden an lokalen Ökosystemen, die durch ein Leck verursacht werden könnten, zu untersuchen. Außerdem wollen wir eine Technologie entwicklen, mit der die Menge des austretenden CO2 im Falle eines Lecks am Meeresboden gemessen werden kann. Dazu haben die Ingenieure des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie ionensensitive Feldeffekttransistoren für die schnelle Erkennung von pH-Schwankungen im Meerwasser angepasst.

Wir setzen diese Sensoren in einer neuartigen Anwendung ein. Meeressedimente nehmen auf natürliche Weise Sauerstoff auf und produzieren Kohlendioxid, da sie wie wir organische Stoffe atmen. Da Kohlendioxid im Meerwasser entsteht, wird der pH-Wert gesenkt. Wir können die Änderung des pH-Wertes nutzen, um die Kohlendioxidproduktion zu berechnen.

pH-Wert, gelöster Sauerstoff und Strömungsgeschwindigkeiten werden mit 16 Hz gemessen, um ihre turbulenten Fluktuationen im Meerwasser zu erfassen. Foto: Allison Schaap.

pH-Wert, gelöster Sauerstoff und Strömungsgeschwindigkeiten werden mit 16 Hz gemessen, um ihre turbulenten Fluktuationen im Meerwasser zu erfassen. Foto: Allison Schaap.

Dazu haben wir eine auf Turbulenzen basierende Technik aus der Atmosphärenforschung adaptiert. Die pH-Sensoren befinden sich 25 cm über dem Meeresboden und messen bei 16 Hz, da Turbulenzen Wirbel mit niedrigem pH-Wert von der Sedimentoberfläche nach oben transportieren. Wirbel werden an der Spitze des Sensors mit einem akustischen Geschwindigkeitsmessgerät überwacht. Aus der Kombination von pH-Wert und Vertikalgeschwindigkeit kann der vertikale Transport von Wasserstoffionen berechnet werden.

Absetzen des MPI-Landers. Foto: Allison Schaap

Absetzen des MPI-Landers. Foto: Allison Schaap

Bei sekündlichen, minütlichen und stündlichen Messungen können wir mit dieser Technologie Veränderungen im Stoffwechsel benthischer Ökosysteme über die Zeit untersuchen. Verbesserungen dieser Technologie würden es uns ermöglichen, Veränderungen im Stoffwechsel der marinen Ökosysteme von Saison zu Saison und von Jahr zu Jahr zu beobachten, was uns helfen würde, sie besser zu schützen.

 

Grüße von allen an Bord,

Dirk Koopmans

 

(Übersetzung: Jan Steffen/GEOMAR. Den englischen Originaltext finden Sie auf der STEMM-CCS-Blogseite)

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