Vortrag „Welterbe Ozean – Problematiken und Lösungsansätze für unsere Meere“ von Prof. Dr. Reinhold Leinfelder am 3. März 2015

Vom 4. bis 6. März 2015 findet in Kiel das "Ocean Sustainability Science Symposium" des Exzellenzclusters "Ozean der Zukunft" statt. Zum Auftakt hält Prof. Dr. Reinhold Leinfelder am 3. März einen Abendvortrag über das "Welterbe Ozean". Foto: J. steffen, GEOMAR Vom 4. bis 6. März 2015 findet in Kiel das “Ocean Sustainability Science Symposium” des Exzellenzclusters “Ozean der Zukunft” statt. Zum Auftakt hält Prof. Dr. Reinhold Leinfelder am 3. März einen Abendvortrag über das “Welterbe Ozean”. Foto: J. steffen, GEOMAR

Auf die wachsenden Probleme in unseren Meeren aufmerksam machen und mögliche Lösungsansätze aufzeigen – darum ging es in dem Abendvortrag von Prof. Dr. Reinhold Leinfelder am vergangenen Dienstag im Kieler KulturForum. Sein Vortrag „Welterbe Ozean – Problematiken und Lösungsansätze für unsere Meere“ bildete den Auftakt zum internationalen „Ocean Sustainability Science Symposium“. Als neue wissenschaftliche Hilfskraft des Exzellenzclusters habe ich mir diesen natürlich nicht entgehen lassen.

Vor rund 70 Zuhörern sprach der an der Freien Universität Berlin lehrende Paläontologe und Geologe über die Nutzung der Meere heute und morgen und die daraus resultierenden Problematiken der Ozeanschädigung. Die Meere fungieren für den Menschen nämlich nicht nur als lebenswichtige Quelle und Infrastruktur, sondern leider auch als Senke, in dem in großen Mengen Abfall wie Schwermetalle, Düngemittel, Pestizide und Plastik entsorgt wird. Besonders schockierend: Allein an Plastikmüll gelangen weltweit jedes Jahr rund fünf Millionen Tonnen (die Zahlen schwanken) in die Meere. Ein weiteres Problem, das Prof. Dr. Leinfelder an diesem Abend ansprach, ist die Überfischung, für die er den Begriff „neoimperialer Fischfang“ verwendet. In großen Flotten mit gigantischen Fangnetzen, die oftmals eine Größe von mehreren Fußballfeldern haben, wird gefischt was das Zeug hält. Dazu steigen die Aquakulturproduktionen rasant, allen voran die Lachsproduktion in China – die Nachfrage ist schließlich groß.

Hinzu kommt noch eine weitere Herausforderung: Kohlendioxid. Weil die Ozeane eine erhebliche Kohlendioxidmenge aufnehmen, schlucken sie einen großen Teil des vom Menschen freigesetzten Treibhausgases. Wie stark der Lebensraum Meer auf diese zusätzliche CO2-Aufnahme reagiert, ist kaum absehbar. Die Auswirkungen des Menschen auf die Ozeane haben langfristige Folgen, deren Ausmaße schwer zu messen sind. Hier wird das sogenannte Kipppunkt-Problem deutlich: Ähnlich wie bei der Vorhersage eines Erdbebens wissen Forscher zwar, dass sich etwas zusammenbraut, doch können sie nicht sagen, wann genau der Ist-Zustand kippt und wir vor einer unumkehrbaren Katastrophe stehen.

Dass aus diesem Grund das Thema Ozeanschädigung in der Politik gerne in den Hintergrund rückt, kann Prof. Dr. Leinfelder bestätigen. Dennoch habe er in jüngster Zeit eine zunehmende Sensibilisierung festgestellt. Von 2008 bis 2013 war er Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und ist Co-Autor des 2013 erschienenen Gutachtens „Welt im Wandel – Menschheitserbe Meer“. Um endlich vom Wissen zum Handeln zu gelangen, spricht er sich darin unter anderem für ein ganzheitliches Ozeanmanagement mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog in Form eines Top-Down-Modells (Vereinte Nationen, G20, EU, multinationale Allianzen) aus. Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Insbesondere das Problem Kohlendioxid dürfe jedoch keineswegs vernachlässigt werden: Wenn der weltweite CO2-Ausstoß nicht langfristig sinke, stehe auch das beste Management der Zerstörung der Lebenswelt Ozean machtlos gegenüber. Zur Veranschaulichung des Gutachtens hat der WBGU sogar einen Comic entworfen, der erklärt, wie Regierungen, Wissenschaft und Bürger etwas zu einer klimaverträglichen, nachhaltigen Gesellschaft beitragen können.

Doch auch abseits der großen politischen Bühne kann jeder etwas tun, es fängt beim Essen an. Ein gewisser Druck muss schließlich von der Gesellschaft ausgehen, damit sich oben etwas bewegt. Der große politische Durchbruch ist nämlich bisher ausgeblieben. Ein Perspektivenwechsel ist nötig: Das Meer gehört uns allen – und Eigentum verpflichtet ja bekanntlich.

Julia Janssen (The Future Ocean)