Schlechte Nachrichten mit Hoffnungsschimmer

Fischkutter auf der Ostsee. Eine neue Studie zeigt, dass die globalen Fischfangmengen in den 1990er Jahren bisher unterschätzt wurden. Foto: J. Steffen, GEOMAR Fischkutter auf der Ostsee. Eine neue Studie zeigt, dass die globalen Fischfangmengen in den 1990er Jahren bisher unterschätzt wurden. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Das neue Jahr ist zwar erst drei Wochen alt, aber wir konnten bereits mehrere spannende  Publikationen aus den Meereswissenschaften verzeichnen – und sie teilweise selbst an die Medien bzw. die Öffentlichkeit weiterreichen. Dabei ging es unter anderem um Wirbel im Ozean (Meldung 1, Meldung 2), die neben den klassischen, großen Meereströmungen immer mehr in den Fokus von Ozeanographen, Meeresbiologen, Meereschemikern und Physikern geraten. Denn auch die Wirbel transportieren  Wärme und Nährstoffen durch die Ozeane. Weil sie deutlich kurzlebiger als die großen Strömungsbänder sind, ist es aber schwieriger, sie zu untersuchen. Deshalb wurden sie lange vernachlässigt. Das ändert sich nun und wie die neuen Studien zeigen, sind in diesem Bereich noch noch viele faszinierende Entdeckungen zu erwarten.

Die größte Reichweite außerhalb der Wissenschaftsgemeinde erzielte in dieser Woche aber ein Paper zum Thema Fischerei. Wenn es um Ernährung geht, reagiert der Mensch halt sensibel. In dem Journal “Nature Communications” veröffentlichten Daniel Pauly und Dirk Zeller von dem Projekt “Sea around Us” an der University of British Colombia (Kanada) eine Studie, die den Schluss nahelegt, dass in den 1990er Jahren viel größere Mengen an Fisch aus den Meeren entnommen wurden als angenommen. Demnach war auch der anschließende Rückgang der Fischerei gravierender als die offiziellen Zahlen es bisher aussagten.
Diese offiziellen Zahlen, die die Studie korrigieren möchte, stammen von der Welternährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO, der FAO. Sie beruhen auf Fangmengen, die die einzelnen Mitgliedstaaten der FAO gemeldet haben. Dabei berücksichtigen die meldenden Staaten oft weder Beifang noch Sportfischerei. All diese Zahlen sind in die jetzt veröffentlichte Studie von Pauly und Zeller mit eingegangen. Zahlreiche Medien haben darüber berichtet und auch die Hintergründe ausführlich beleuchtet. Hier eine Auswahl:

Die ZEIT

Süddeutsche Zeitung

NDR 2 Spezial – Sorge um unsere Meere (ab 00:05:50)

SRF (Schweiz)

The Guardian

Canada Journal

Auch wenn die Studie auf den ersten Blick eine Negativ-Nachricht zum Zustand der Meere ist, zeigt die Reaktion doch, dass Menschen in vielen Ländern mittlerweile sensibel auf solche Nachrichten reagieren. Anders als noch vor zwanzig Jahren setzt sich offensichtlich die Erkenntniss durch, dass die Ozeane nicht unendlich viel Nahrung liefern und gleichzeitig als Müllfass ohne Boden dienen können. Je mehr wir über die Ozeane wissen, desto deutlicher wird, dass wir Konzepte für einen schonenden Umgang mit ihnen entwickeln müssen. Solche Konzepte gibt es und sie werden teilweise sogar schon umgesetzt, wie unter anderem im World Ocean Review 4 nachzulesen ist. Es gibt also Hoffnungsschimmer. Wir dürfen nur nicht nach den ersten Schritten stehen bleiben.
In diesem Zusammenhang eine weitere gute Nachricht: Vor einer Woche hat Bundesforschungsministerin Johanna Wanka den Titel des Wissenschaftsjahrs 2016/2017 bekannt gegeben: “Meere und Ozeane: Entdecken, Nutzen, Schützen”. Das Jahr mit seinen zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen wird hoffentlich dazu beitragen, die Bedeutung der Ozeane als Nahrungsquelle, Klimaregulator, Erholungsraum, Verkehrsweg, Wirtschaftsraum und Ökosystem noch bekannter zu machen. Wir werden daran natürlich kräftig mitarbeiten und wollen das Wissen über die Meere auch weit ins Binnenland tragen. Denn was sich in den Ozeanen (immerhin 70% der Erdoberfläche) abspielt, betrifft alle Menschen.

Schönes Wochenende,

 

Jan Steffen