Navigators Wochenbericht: Kleine Forscher und große Kapitäne

Erste Tests des Mini-Gleiters im TLZ. Foto: J. Steffen, GEOMAR Erste Tests des Mini-Gleiters im TLZ. Foto: J. Steffen, GEOMAR

Ozeanforschern geht die Arbeit nie aus. Nur ein Beispiel: Wenn wir täglich alle mit Multibeamecholoten ausgestatteten Tiefseedrohnen einsetzen würden, um den Boden des Weltozeans zu vermessen, hätten wir in etwa 150 Jahren eine vollständige, hochaufgelöste Karte der Tiefsee. Selbst wenn die Technik in Zukunft besser wird und die Zahl der Geräte steigt, werden noch Generationen mit dieser Aufgabe beschäftigt sein. Das heißt: Nachwuchs ist wichtig! Schließlich geht es nicht nur darum, die Meere zu vermessen, sondern auch, sie zu verstehen, sie zu schützen und die Nutzung durch den Menschen schonend zu gestalten.

Deshalb möchten wir Kinder und Jugendliche für das Thema Meer begeistern, zum Beispiel beim Kieler KIDS-Festival am kommenden Wochenende. Wie in jedem Jahr ermöglicht unsere Kollegin Heidi Goschior auf dem Forschungskutter LITTORINA großen und kleinen  Besuchern einen hautnahen Kontakt mit Tieren aus der Ostsee. Außerdem liest die Kinderbuchautorin Sabine Ebel-Urbany aus ihrem Werk “Dümpel bei den Glitzerfischen”. In dem Buch geht es um die Verschmutzung der Meere mit Plastikmüll. Das Team des GEOMAR freut sich auf viele Besucher!

Ein anderer Weg, Jugendliche für Meereswissenschaften zu begeistern, ist der Freitagsforscherclub des GEOMAR. Wir haben ja schon mehrfach über ihn im OceanNavigator-Blog berichtet. Jetzt haben einige Jugendliche aus dem Club zusammen mit Auszubildenden des Technik- und Logistikzentrums des GEOMAR (TLZ) eine eigene, autonome Messsonde, einen sogenannten “Gleiter” entwickelt. Die ersten Tests fanden heute im TLZ statt (siehe Bild ganz oben). Sehr beeindruckend, was die jungen Leute auf die Beine gestellt haben.

Um das TLZ geht es auch am Dienstag, 12. Mai 2015, um 10 Uhr in unser öffentlichen Vortragsreihe „WissenSchaffen“ im GEOMAR-Hörsaal auf dem Seefischmarkt. Seit 1. Januar 2015 ist der Biologe Dr. Peter Linke neuer wissenschaftlicher Leiter dieser wichtigen Einrichtung am GEOMAR. In seinem Vortrag “Das TLZ: ein besonderer Arbeitsplatz am GEOMAR” stellt er neueste Tiefseetechnik vor, die am TLZ gepflegt und entwickelt wird.

Mit Meerestechnik ganz anderer Art hat ein besonderer Gast zu tun, den das GEOMAR am Montag begrüßen konnte. Es handelt sich um den Südafrikaner Captain Nicholas Sloane. Er ist Spezialist für die Bergung havarierter Schiffe und Bohrplattformen. Wenn es auf irgendwo auf See knallt oder scheppert, klingelt bei ihm das Telefon. Sein bisher größter und anspruchsvollster Job war die Bergung des verunglückten Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia vor der italienischen Insel Giglio. Sloane musste mit seinem über 500-köpfigen Team zunächst dafür sorgen, dass das auf Steuerbordseite liegende Wrack nicht ins tiefere Wasser abrutschte und dass es nicht zerbrach. Um zu verhindern, dass in dem empfindlichen Küstenökosystem rund um Giglio Schadstoffe freigesetzt werden, sollte das Schiff aufgerichtet und als Ganzes abtransportiert werden. Captain Sloane und sein Team haben diese Herkulesaufgabe gemeistert. Dafür hat er am Montag den Deutschen Meerespreis 2015 erhalten, der unter Schirmherrschaft des Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten steht. Und obwohl Nicholas Sloane in Giglio monatelang im Licht der Öffentlichkeit stand, obwohl er von Medien weltweit für seine Leistung als Team-Leiter gewürdigt wurden, trat er in Kiel sehr bescheiden auf. “It had to be done”, fasste er seine Arbeit vor Giglio zusammen. Respekt – und noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Meerepreis.


Zurück zur Forschung: Zwei Langzeitexperimente sind diese Woche gestartet. Eins davon hat sich auch schon hier auf Oceanblogs zu Wort gemeldet: Seit Anfang des Monats ist wieder ein Team des GEOMAR mit den Kieler KOSMOS-Mesokosmen im Einsatz. Im Raunefjord bei Bergen in Norwegen haben sie ein komplettes marines Ökosystem in ihren Riesen-Reagenzgläsern eingefangen (okay, große Fische und Meeressäuger bleiben draußen). Die Planktongemeinschaft bekommt von den Forschern nun Saures – Kohlendioxid-Konzentrationen, wie sie für die kommenden Jahrzehnte erwartet werden. Bis Ende Juni wird gemessen, gefiltert, gezählt, analysiert, berechnet und dokumentiert. Das besondere: Die Forscher betrachten nicht nur einzelne Arten, sondern das Artengefüge unter realistischen Bedingungen. Wer mehr erfahren und auf dem Laufenden bleiben möchte, findet hier den „KOSMOS 2105“-Blog.

Research vessel ALKOR deploys the KOSMOS mesocosms at Raunefjord, Norway, at the start of the KOSMOS 2015 experiment on ocean acidification.

Aussetzen der Mesokosmen im Raunefjord mit dem Forschungsschiff ALKOR. Foto: Paul Stange. GEOMAR

 

Das andere Experiment können Kieler quasi live verfolgen. Vor dem GEOMAR-Gebäude an der Kiellinie liegen seit drei Jahren Pontons mit Versuchsanlagen, die bei uns “Benthokosmen” heißen. Hier kann der Forschungsbereich “Marine Ökologie” ausschnittsweise Küstenökosysteme nachbilden und dann verschiedene Umweltparameter wie Wassertemperaturen oder Salzgehalt beeinflussen. Die Anlage dient dazu, mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf ganze Lebensgemeinschaften zu simulieren. In dieser Woche haben Forscher und Studenten die insgesamt 12 Versuchskammern neu mit Seegras, Muscheln, Schnecken und Algen besetzt. In den kommenden fünf Monaten wollen sie untersuchen, wie Hitzewellen sich auf Küstenökosysteme auswirken. Wir bleiben natürlich dran…


…und hoffen auf ein baldiges Wiederlesen.

Ein schönes Wochenende wünschen
Jan Steffen und Maike Nicolai