Navigators Wochenbericht: Plastikmüll und die Schönheit der Unterwasserwelten

Picture by Uli Kunz - www.kunzgalerie.de Picture by Uli Kunz – www.kunzgalerie.de

So, das Wochenende rückt näher. Auf dem Weg nach Hause noch kurz zum Supermarkt und dann ab in die Freizeit. Aber damit bin ich – ob ich will oder nicht – auch auf dem Heimweg wieder mitten drin in einem aktuellen Meeres-Forschungsthema. Es geht um Plastikmüll…

Lange Zeit haben wir Menschen uns ja benommen, als wären die Meere Löcher ohne Boden, in denen man alles, aber auch wirklich alles folgenlos versenken kann. Atommüll, giftige Chemikalien? Ab in die Meere! Aus den Augen aus dem Sinn.

Nur langsam setzte sich (wenigstens teilweise) die Einsicht durch, dass diese Einstellung irgendwann auf den Verursacher zurückfällt. Denn die Meere sind zwar groß, sogar riesig, aber nicht unendlich. Und am Ende der Nahrungs- und Nutzungskette steht wieder der Mensch. Dumm gelaufen…

Radioaktive Abfälle und Chemierückstände werden zum Glück (wenigstens in einigen Teilen der Welt) nicht mehr einfach so in den Ozeanen entsorgt. Dafür landet immer mehr Plastik in den Meeren. Es ist aus dem Alltag der meisten Menschen rund um den Globus nicht mehr wegzudenken. Plastik ist billig und praktisch. Warum eine eigene Tasche mit zum Einkauf nehmen? An der Kasse gibts die Plastiktüte umsonst. Und das in Folie eingeschweißte Obst hält sich vielleicht auch länger als das lose herumliegende. Am Ende landen Tüte und Verpackung auf einer Mülldeponie oder in einer Müllverbrennungsanlage – wenn es gut läuft. Wenn nicht, wenn zum Beispiel Deponien nicht richtig geführt werden, die Müllabfuhr nicht richtig funktioniert oder es gar keine geordnete Müllentsorgung gibt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Plastik irgendwann über Flüsse oder durch die Luft im Meer landet. Mittlerweile gibt es keinen Ort der Erde mehr, an dem Forscher nicht auf Plastik stoßen – auch wenn es meist mikroskopisch kleine Partikel sind.

Plastikmüll an den Küsten und in den Meeren ist mittlerweile ein globales Problem. Hier ein Strand in Indonesien. Foto: Sinja Rist & Khoirunnisa Assidqi

Plastikmüll an den Küsten und in den Meeren ist mittlerweile ein globales Problem. Hier ein Strand in Indonesien. Foto: Sinja Rist & Khoirunnisa Assidqi

Eines der Grundprobleme für eine wissenschaftliche Bearbeitung des Themas ist allerdings, dass es keine verlässlichen Zahlen gibt. Wie viel Plastik ist schon in den Meeren? Wie ist es verteilt? Und wieviel kommt jedes Jahr neu hinzu? Niemand kann das zuverlässig sagen. Eine Gruppe US-amerikanischer Forscherinnen und Forscher hat in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science eine Studie veröffentlicht, die versucht, diese Wissenslücke zu schließen. Allerdings müssen die Kolleginnen und Kollegen zugeben, dass ihre Zahlen auch mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind. So nennen sie eine Bandbreite von 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastikabfall, die 2010 aus den Küstenregionen der Erde in die Meere gelangt sind. Immerhin gibt die Studie einen Anhaltspunkt – selbst wenn man die niedrigste Zahl nimmt, bleibt die Menge enorm. Wer sich weiter über das Thema informieren möchte: Hier berichtet ZEIT online über die Studie und hat dazu auch Mark Lenz, GAME-Koordinator am GEOMAR, und Lars Gutow vom AWI befragt. Und heute (13.02.) um 18 Uhr berichtet auch  Bayern 2 in seiner Sendung IQ über das Thema.

Eine schnelle Lösung für das Problem gibt es vermutlich nicht. Aber für den Anfang werde ich beim Einkauf nachher auf Plastiktüten verzichten :-).

Dass es sich lohnt, die Unterwasserwelt zu schützen und zu bewahren, das beweist am Sonntag wieder einmal der Unterwasserfotograf Uli Kunz im Kieler Metro-Kino. In seinem Vortrag “Tiefenrausch” (siehe auch Bild oben) lässt er seine Zuschauer teilhaben an zahlreichen Tauchexpeditionen, die ihn zu tropischen Korallenriffen, zu Walen in arktischen Gewässern und zu Toten-Höhlen der Maya geführt haben. Uli Kunz arbeitet auch eng mit Forschergruppen der Uni Kiel und des GEOMAR zusammen, d.h. das eine oder andere erfährt man in seinem Vortrag auch über unsere Expeditionen. Das Tauchboot JAGO ist auf jeden Fall dabei. Weitere Termine mit Uli Kunz (auch tief im Binnenland) gibt es auf seiner Webseite.

In diesem Sinne schönes Wochenende,

Jan Steffen

 

2 thoughts on “Navigators Wochenbericht: Plastikmüll und die Schönheit der Unterwasserwelten

  1. Hallo,

    Sie schreiben “Eine schnelle Lösung für das Problem gibt es vermutlich nicht. Aber für den Anfang werde ich beim Einkauf nachher auf Plastiktüten verzichten :-).”

    Ja, ich habe den Smiley gesehen. Aber die Politik sieht ihn nicht. Der Plastiktütenverzicht wird dort ernsthaft diskutiert. IMHO ist es ein Irrweg.

    Plastiktüten sind superpraktisch. Ich habe immer eine bei mir, zusammengefaltet in der Hosentasche, hinten, wo man wegen der Pickpockets eh nichts Teures hineinstecken kann. Wenn ich unterwegs etwas kaufe, falte ich sie auseinander und tue es da rein. Reicht fast immer.

    So eine Tüte hält mehrere Monate, wenigstens solange, bis ich mal mit dem Rad unterwegs bin. Dann kommt sie in den Korb unter die Gummibänder und an deren Haken bleibt sie beim Herausziehen irgendwo hängen und reißen ein. Dann muss eine Neue her.

    Es gibt keinen Ersatz für diese Tüten, denn alle anderen Materialien sind dicker, passen also nicht in die Hosentasche. Warum also verzichten?

    Je nach Definition tue ich das bereits (ich verzichte darauf, ständig neue Tüten zu verwenden), dann nützt es offensichtlich nichts oder ich tue es nicht, dann funktioniert mein Alltag ohne nicht mehr.

    Außerdem habe ich den Verdacht, dass die Tüten, die jetzt gerne als Wurzel allen Übels genommen werden, nur einen verschwindend kleinen Teil des Mülls im Meer ausmachen. Was ist da zu sehen auf diesem Strandbild?

    Das Meiste scheint Industrieverpackung zu sein. Die kennen wir aus dem Alltag, wir kaufen etwas und stellen oft fest, dass wir ohne Werkzeug gar nicht an den Artikel herankommen. Und drum herum ist oft noch eine zweite Verpackung vom Handel.

    Bevor man anfängt, die Verbraucher zu nerven, sollte man solche Änderungen anstreben, die das Leben erleichtern und quasi nebenbei den Müll reduzieren.

    Viele Grüße

    Herbert

    • Hallo,

      Sie haben natürlich recht, Plastiktüte ist nicht gleich Plastiktüte. Um noch einmal bei der persönlichen Erfahrung zu bleiben: Ich nehme auch Mehrwegtaschen aus Kunststoff mit zum Einkaufen. Problematisch sind kurzlebige, extrem dünne Plastiktüten, die teilweise (allerdings eher in anderen Ländern) üblich sind. Und es gibt jede Menge weitere Quellen für das Plastik in den Ozeanen: Man denke nur an die Plastikperlen, die in einigen Kosmetikprodukten enthalten sind. Oder die von Ihnen erwähnten Industrieverpackungen. Am Ende hängt es auch vom Müllmanagement ab, ob das Plastik vernünftig entsorgt wird oder im Meer landet. Trotzdem glaube ich (wieder ganz persönlich), dass man selbst auch seinen Beitrag leisten kann. Tüten – wie von Ihnen beschrieben – mehrmals verwenden zum Beispiel. Wenn Sie das Thema interessiert: Es wird in diesem Jahr voraussichtlich noch mehrere Veranstaltungen (Vorträge, Ausstellungen) zu dem Thema geben. Wir informieren rechtzeitig über die genauen Termine.

      Beste Grüße,

      Jan

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