Das Meer auf der anderen Seite ist immer blauer…

„Gibt es auf der Insel eigentlich so richtig leckeren Cappuccino?“ Über die Sehnsüchte der Kollegen auf POSEIDON musste ich ziemlich schmunzeln – als wir uns denn endlich gegenüber saßen. Dachten sie wirklich seit Tagen an cremigen Kaffee mit Schaumkapuze, Schokoladenflocken, Zuckertütchen und Amaretto-Keks? Ich hätte jederzeit am Hafen Dolce Vita genießen können – war aber eher damit beschäftigt, meinen Frust zu verarbeiten. Seit meiner Ankunft auf Panarea, einer kleinen Insel vor der Küste Siziliens, hatte es gestürmt, dass sich die Palmen bogen. Dann schüttete es aus tausend Kübeln. Schließlich zuckten Blitze über den pechschwarzen Himmel überm Meer. Die Fischer zogen ihre Boote aufs Land – rauszufahren fiel niemandem mehr ein. Ich saß fest.

POSEIDON auf den Wogen stampfend. POSEIDON vor der Felsinsel Basiluzzo. POSEIDON vor dramatischer Wolkenkulisse. Wellen. Brandung. Gischt. Das waren meine ersten Motive. Nach dem letzten Gewitter wollte POSEIDON ein abschließendes Experiment mit dem Tauchroboter ROV PHOCA versuchen. Mein Boots-Shuttle funktionierte endlich, und ich kletterte einer Reihe sonnengebräunter, fröhlicher Gesichter entgegen. „Bis Du ankamst, hatten wir nur Sonne und ruhige See!“ Expeditionsleiter Dr. Peter Linke war glücklich, dass er sein geplantes Arbeitsprogramm vor den Wetter-Eskapaden erfolgreich absolvieren und alle Geräte wieder bergen konnte. Jetzt hatten Crew, Techniker und Wissenschaftler die Heimreise fest im Blick. Der Cappuccino lockte…

„Kameras – OK.“ „Vorwärts – OK.“ „Rückwärts – Ja.“ „Steuerbord – OK.“ – „Backbord – alles klar. Dann raus damit.“ Ein letztes Mal stürzte sich ROV PHOCA nach dem Check ins türkisblaue Meer. Ich filmte und war wieder einmal von dem eingespielten Ablauf beeindruckt. Eine Million Euro sicher ins Wasser zu bringen, ist jedes Mal eine Herausforderung. Im Steuercontainer: Konzentrierte Stille. Ich versuchte, den Kollegen so unauffällig wie möglich über die Schultern zu filmen, versierte Handgriffe und staunende Gesichter festzuhalten. Als es ans Auslösen unserer „Uranium-Bombe“ ging, hielt ich die Luft an. ROV-Pilot Martin Pieper hatte eine „Bubble-Box“ sorgfältig auf einer der natürlichen Kohlendioxid-Quellen platziert, so dass sich Aufstiegsgeschwindigkeit und Größe der Gasblasen später anhand der Skala auf der Box bestimmen lassen. Er bugsierte den Greifarm zur Farbpatrone, schnappte zu und ließ die gelb-grüne Substanz frei. Sein Kollege Patrick Cuno folgte der eingefärbten Gaswolke mit der HD-Kamera.

Ähnliche Experimente führte auch das GEOMAR-Taucherteam mit Lisa Vielstädte, Dr. Nikolaus Bigalke, Christian Howe und Matthias Kreuzburg durch. Sie konnten die Blasen am Meeresboden mit eigenen Augen verfolgen und in verschiedenen Tiefen einfangen. „Wenn wir die Plumes einfärben, sehen wir, dass das aus den Gasblasen gelöste Kohlendioxid zwar zunächst senkrecht aufsteigt, sich dann aber in Meeresbodennähe verteilt. Das Treibhausgas gelangt also nicht unbedingt in die Atmosphäre, sondern breitet sich unter Wasser aus und könnte dort Lebensräume verändern“, erklärte mir Niko. Die Beobachtungen und Messungen fließen später in Modelle ein. So können die Wissenschaftler des Europäischen Forschungsprojekts ECO2 die Risiken der Kohlendioxid-Speicherung im Meeresboden besser abzuschätzen.

Film über PANAREA 2014 auf der Internet-Seite des GEOMAR.



Informationen über die Expedition auf der Internet-Seite des GEOMAR.
Internet-Auftritt des Projekts ECO2 – Sub-seabed CO2 Storage: Impact on Marine Ecosystems.