Ocean Navigator weist den Weg durch die Meereswissenschaften

Poseidon im Sturm, Foto: C. Bonanati, GEOMAR Poseidon im Sturm, Foto: C. Bonanati, GEOMAR

Südwestlich Island, Mitte August 2013. Das 60 Meter lange Forschungsschiff POSEIDON stampft und rollt durch meterhohe Wellen. Kurz nach dem Auslaufen aus Reykjavik ist es in ein Islandtief geraten. Einige junge Wissenschaftler liegen seekrank in ihren Kojen. Der Vulkanologe Dr. Reinhard Werner steht derweil auf der Brücke, versucht trotz der Schiffsbewegungen sein Gleichgewicht zu halten und berät mit dem Kapitän die Wetterlage. Dr. Werner ist der wissenschaftliche Fahrtleiter auf dieser Expedition und damit verantwortlich für die Organisation der Forschungsarbeiten. Das geplante Programm ist umfangreich. Eigentlich sollen Proben vom Meeresboden geborgen werden, mit denen die Wissenschaftler Informationen über die Geschichte des Klimas, der Umweltbedingungen und des Vulkanismus in Island sammeln wollen. Doch jetzt sind sie selbst den Naturgewalten ausgeliefert. Bis das Wetter aufklart sind wissenschaftliche Arbeiten nicht möglich.

Ortswechsel: Paris, 16. September 2013. Im Museum “Le Grand Palais” treffen sich internationale Fischereiexperten mit französischen Politikvertretern, europäischen Abgeordneten und Repräsentation von Nichtregierungsorganisationen zu einer Diskussionsrunde über die zerstörerischen Einflüsse der Tiefseefischerei auf das Ökosystem Meer. Unter den Teilnehmern sind auch die Dr. Rainer Froese vom GEOMAR in Kiel und Dr. Jörn Schmidt vom Kieler Forschernetzwerk „Ozean der Zukunft“. Es geht darum, der Politik aktuelle Forschungsergebnisse zur Tiefseefischerei nahe zu bringen. Ergebnisse, an denen neben Biologen auch Wirtschaftswissenschaftler und Seerechtler beteiligt sind, um alles Aspekte des Themas abzudecken. In wenigen Wochen berät die EU-Kommission über das Thema. Wird es eine Schonzeit für die Tiefsee geben?

Dr. Rainer Froese (3. v.l.) und Kollegen am 16. September in Paris

Dr. Rainer Froese (3. v.l.) und Kollegen am 16. September in Paris

So unterschiedlich die Situationen sein mögen – ruppiger Nordatlantik hier, klimatisierter Konferenzsaal dort – beide gehören zum Alltag von “Meeresforschern”. “Meeresforscher” – Was ist das überhaupt? Klassisch stellt man sich darunter vor allem Naturwissenschaftler vor. Biologen, die sich mit Fischen und Walen beschäftigen. Geologen, die den Meeresboden untersuchen. Physiker, die die Bewegung von Wassermassen erforschen und dann „Ozeanographen“ genannt werden. Das ist alles richtig. Doch es ist nur die halbe Wahrheit. Im Grunde kann jeder Wissenschaftler zum Meeresforscher werden. Auch ein Historiker, der sich mit der Bedeutung der Ozeane für bestimmte Kulturen auseinandersetzt. Ein Rechtswissenschaftler, der international geltende Regeln für eine friedliche Nutzung der Meere aufstellen will. Ein Ökonom, der sich fragt, ob ein schonender Umgang mit Fischbeständen den Fischern vielleicht sogar größere Gewinne bescheren könnte.

Seit 2006 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft deshalb in Kiel den Exzellenzcluster “Ozean der Zukunft”. Naturwissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Biologen, Geologen, Juristen, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität, Wirtschaftswissenschaftler des Instituts für Weltwirtschaft und Künstler der Muthesius Kunsthochschule arbeiten darin gemeinsam, um die Ozeane in ihrer extrem komplexen Gesamtheit zu erfassen und verständlich zu machen.
Egal ob im Kampf mit den Naturgewalten oder im zähen Ringen mit Interessensgruppen und der europäischen Politik – bei der Meeresforschung gibt es viele, viele spannende Geschichten. Das Portal “oceanblogs.org” bietet Wissenschaftlern, die ihre Geschichten teilen möchten, dafür eine Plattform. Schon jetzt ist hier zu lesen, wie deutsche und russische Forscher den Klimawandel in der Arktis untersuchen („Transpolardrift“). Es gibt Neuigkeiten von Studenten, die rund um die Welt die Auswirkungen von Plastikmüll auf Küstenökosysteme untersuchen („GAME“). Man kann eines der längsten Freiland-Experimente zur Auswirkung der Ozeanversauerung nachvollziehen (“KOSMOS2013“) und Forscher virtuell in den tropischen Atlantik begleiten („Cape Verde“). Auch über die aktuelle Summer School Coastal Hazards („Coastal Hazards“) an der CAU wird gebloggt. Natürlich soll „Oceanblogs.org“ noch weiter wachsen.

Wir, die Öffentlichkeitsarbeiter von “Ozean der Zukunft” und GEOMAR melden uns ab sofort regelmäßig im „Ocean Navigator Blog“ zu Wort. Wir wollen auf spannende Beiträge hinweisen, interessante Verbindungen zu anderen Projekten aufzeigen und Geschichten aus der Meeresforschung erzählen, die es sonst vielleicht nie an die Öffentlichkeit schaffen würden – deshalb aber nicht minder lesenwert sind.

Doch bloggen ist keine Einbahnstraße. Jeder Nutzer ist aufgefordert, sich zu beteiligen. Fragen zu stellen oder Texte zu kommentieren. Davon lebt ein Blog – und davon lebt auch die Wissenschaft.

Mehr zur stürmischen Expedition vor Island finden Sie übrigens im aktuellen Newsletter des GEOMAR. Und weitere Informationen zum Thema Tiefseefischerei gibt es auf der Internetseite des „Ozeans der Zukunft“.

Viel Spaß beim Entdecken, Lesen und Mitmachen,
Friederike Balzereit, Maike Nicolai, Jan Steffen, Christian Urban

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