Navigators Wochenbericht: Von der Flaschenpost zum Tauchroboter

Die Flaschenpost der Coast and Geodetic Survey des U.S. Department of Commerce wurde zu Meeresforschungszwecken 1959 über Bord geworfen. Gefunden wurde die Flasche erst 54 Jahre später, am 22. Dezember 2013. Foto: Shelley Dawicki, NEFSC/NOAA Die Flaschenpost der Coast and Geodetic Survey des U.S. Department of Commerce wurde zu Meeresforschungszwecken 1959 über Bord geworfen. Gefunden wurde die Flasche erst 54 Jahre später, am 22. Dezember 2013. Foto: Shelley Dawicki, NEFSC/NOAA

Vor gut einem Jahr fand der amerikanische Hafenangestellte Keith Moreis am Strand von Martha’s Vineyard in Massachusetts eine Flaschenpost mit der Aufschrift „Break this bottle“. Im Innern der Flasche befand sich eine Postkarte, die besagt, dass die Flasche genau heute vor 55 Jahren, nämlich am 19. September 1959, über Bord ging. Zu welchem Zweck? Meeresforschung natürlich! Ääääh Moment… Meeresforschung?! Mit Flaschenpost statt GPS? Wie soll das denn funktionieren…?

Ganz einfach: Keith Moreis hatte mit seinem Fund ein Relikt aus der Frühphase der Ozeanographie entdeckt. Zwischen 1958 und 1966 wurden Meeresströmungen noch mit schwimmenden Objekten erforscht. Absender der Postkarte war der Coast and Geodetic Survey des U.S. Department of Commerce aus Washington, USA. Die Flaschenpost ist Teil einer Serie (279B) aus insgesamt sechs Flaschen, die vom Forschungsschiff U.S.C.G.S. HYDROGRAPHER ausgesandt wurden. Die Postkarten sollten vom Finder mit Angabe des Fundortes zurück an den Direktor des Departments geschickt werden, damit die Bahnen der Meeresströmungen zurückverfolgt werden konnten. Nach Keith Moreis‘ Entdeckung wurden die anderen Flaschen dieser Forschungs-Serie innerhalb der nächsten Tage und Wochen an umliegenden Stränden gefunden – mehr als 50 Jahre nachdem sie über Bord gingen. Für die damaligen Ozeanforscher also kein Durchbruch. Doch immerhin haben treibende Objekte wie Plastikentchen noch in den 1990er Jahren den Ozeanographen geholfen (zu Flaschenposten in der Ozeanographie gibt es hier weitere Informationen). Da sind die Wissenschaftler des GEOMAR heutzutage aber viel fortschrittlicher…

Unterwassertüftler

…Allen voran besonders die wissbegierigen Nachwuchs-Forscher der FH Kiel! Das Team mit dem Namen „AUV Team Tom Kyle“ machte sich gestern auf den Weg zum internationalen Wettbewerb „Student Autonomous Underwater Challenge – Europe“, in der norditalienischen Hafenstadt La Spezia. Die Arbeitsgruppe möchte ihren Entwurf eines Tauchroboters im Konkurrenzkampf mit zehn weiteren europäischen und einer kanadischen Universität testen. GEOMAR ist Kooperationspartner des Teams aus Kiel: Neben dem Sponsoring des Projekts erhalten die Jungwissenschaftler außerdem fachmännischen Rat von GEOMARs AUV ABYSS-Spezialisten. Ab morgen muss sich das neu entwickelte „Autonomous Underwater Vehicle“, kurz AUV, beweisen. Unter Wasser muss es ohne äußere Hilfe Aufgaben lösen: Angefangen bei der selbstständigen Navigation über das Aufspüren von Unterwasserobjekten oder der Kontrolle von Tiefseepipelines, soll das AUV zuverlässige Daten liefern – bessere Daten als die der anderen AUVs. Die Chancen dafür stehen gut! Seit Januar 2013 arbeiten 20 Studenten der FH Kiel aus den Fachbereichen Informatik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Mechatronik und Schiffbau gemeinsam an ihrem Projekt. „Es ist eine tolle Leistung, was die Studierenden neben ihrem Studium bewerkstelligt haben“, sagt Diplom-Ingenieur Marcel Rothenbeck, Projektverantwortlicher beim GEOMAR im Gespräch mit den Kieler Nachrichten. Unter #euRathlon2014 könnt Ihr dem Event auf Twitter folgen und hier bloggt das “AUV Team Tom Kyle” selbst. Der Wettbewerb endet nächsten Freitag, bis dahin drücken wir natürlich die Daumen!


Nachwuchsförderer

Nachwuchs-Meeresforscher aus aller Welt können sich übrigens seit gestern für den Annette Barthelt-Preis für Meeresforschung bewerben. Die Annette Barthelt-Stiftung e.V. zum Gedenken an die Terroropfer in Dschibuti verleiht am 24. April 2015 zum 26. Mal ein Preisgeld in Höhe von 6000€ an eine/n junge/n Meereswissenschaftler/in. Ausgezeichnet werden, laut Preisausschreibung, herausragende wissenschaftliche Arbeiten einer Teildisziplin der Meeresforschung, der maritimen Technik und
Seefahrt oder interdisziplinäre Arbeiten, die im Zusammenhang mit deutschen Programmbeiträgen zu meereskundlichen Forschungsaktivitäten stehen. Die Arbeiten sollen im Rahmen von Abschlussarbeiten (Master, Promotion) und in Verbindung mit einer Schiffsexpedition entstanden sein. Bewerbungen können bis zum 15. Dezember 2014 eingereicht werden.

Frauenpower unter Nachwuchswissenschaftlern war diese Woche an der Uni zu spüren: Knapp 60 junge Wissenschaftlerinnen trafen sich diese Woche in Kiel zu einem internationalen Karriere-Workshop. Bei dem Treffen tauschten die Forscherinnen Erfahrungen aus, schlossen erste Kooperationen und fanden Mentorinnen. In Arbeitsgruppen trainierten sie ihre Netzwerk-Fähigkeiten und definierten ihre persönlichen Ziele. Die dreitägige Veranstaltung fand als Angebot der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“  und des Women’s Executive Board des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel in Kooperation mit dem Earth Science Women’s Network’s (ESWN) statt.

Im Rahmen des ESWN-Workshops diskutierten Dr. Iris Werner (Uni Kiel), Dr. Katja Barth (Uni Kiel), Prof. Dr. Katja Matthes (GEOMAR) und Prof. Dr. Christa Marandino (GEOMAR) über Karrierechancen von Frauen in der Wissenschaft. Die Moderation der abendlichen Podiumsdiskussion hatte hatte Dr. Nicole Schmidt vom Institut für Ostseeforschung Warnemünde (Mitte) übernommen. Foto: Maike Nicolai

Im Rahmen des ESWN-Workshops diskutierten Dr. Iris Werner (Uni Kiel), Dr. Katja Barth (Uni Kiel), Prof. Dr. Katja Matthes (GEOMAR) und Prof. Dr. Christa Marandino (GEOMAR) über Karrierechancen von Frauen in der Wissenschaft. Die Moderation der abendlichen Podiumsdiskussion hatte hatte Dr. Nicole Schmidt vom Institut für Ostseeforschung Warnemünde (Mitte) übernommen. Foto: Maike Nicolai

Retter der Weltmeere

Zahlreiche Ehrungen und Preise hat auch GEOMAR-Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif bereits erhalten. Am Dienstag erschien nun sein siebtes Buch über die maritime Meteorologie. Seine neueste Veröffentlichung trägt den Titel „Das Ende der Ozeane – Warum wir ohne die Meere nicht überleben werden“ und geht der Rolle der Weltmeere als Grundlage unserer Existenz nach. Leckende Ölpipelines laufen am Meeresgrund aus; man ist ständig auf der Suche nach nutzbaren Rohstoffen aus der Tiefsee; Plastikmüll lässt Meeressäuger verenden oder gelangt über die Nahrungskette letztlich zurück auf unseren Teller; durch steigende Treibhausgas-Emissionen tragen wir täglich zur Versauerung der Ozeane bei – was all das für Folgen auf kleinste Mikroben im Meer und im Rückschluss auf unser Leben hat, ist den meisten von uns gar nicht bewusst. Professor Latif klärt diese Fragen auf und spricht sich dafür aus, die Weltmeere als unsere Lebensgrundlage dringend zu erhalten. Ein kleiner Buchtipp zum Wochenende also, für all diejenigen, die gerne me(e)hr erfahren möchten.

Eine dieser kleinen Mikroben im Meer ist zum Beispiel die einzellige Kalkalge Emiliania huxleyi. Sie ist in der Lage Kohlenstoff in die Tiefsee zu befördern und mildert somit erhöhte CO2-Emissionen in der Atmosphäre ab. Diese Kalkalge ist eine der wichtigsten Organismen unserer Weltmeere und sorgte diese Woche für Furore bei den Wissenschaftlern des GEOMAR und des Thünen-Instituts für Seefischerei. Die Forscher fanden jetzt heraus, dass sich Emiliania huxleyi im Laborversuch gleichzeitig an Ozeanversauerung und steigende Wassertemperaturen anpassen kann. „Der Beweis ist erbracht. Prognosen über den Ozean der Zukunft müssen solche adaptiven Veränderungen unbedingt berücksichtigen“, erklärt Lothar Schlüter, Erstautor der Studie und Doktorand am GEOMAR. Das widerspricht nun auf den ersten Blick dem Buchinhalt von Professor Latif – jedoch muss auch berücksichtigt werden, dass es sich bei Emiliania huxleyi um eine spezielle Art von Millionen von Arten handelt, die im Ozean Stoffwechsel betreiben. Eine allgemeine Aussage über die Anpassungsfähigkeit der Weltmeere und ihrer Bewohner lässt sich auf diesen Bausteinen erst einmal nicht treffen. Und nicht zuletzt steht die Frage im Raum, inwiefern wir Menschen uns an die durch den Klimawandel bedingten Veränderungen anpassen können.


Heimkehrer

An eine Veränderung des Ausblicks aus den Bürofenstern können sich unsere Mitarbeiter am Seefischmarkt jedoch mit Sicherheit anpassen! Von Sonntag bis Ende nächster Woche legt zum ersten Mal seit acht Monaten wieder das Forschungsschiff POSEIDON in Kiel an. Wer sich gerne ansehen möchte, wie die POSEIDON anlegt, ist herzlich dazu eingeladen am Sonntag um 08.00 Uhr zum Anleger des GEOMAR-Geländes zu kommen.

Demnächst steht hier übrigens unser aktueller Newsletter zum Download bereit. Ein exklusives Preview der Titelseite gibt’s aber vorab schon von uns:

Cover GEOMAR News 03 | 2014

Cover GEOMAR News 03 | 2014

Das war’s soweit vom Navigator. Ich wünsche allen Lesern ein tolles, sonniges Septemberwochenende!
Bianca König