MSM61: Eddies am Senghor Seamount – Eddies around the Senghor Seamount

*** English version below ***

Wenn man das Wort Eddy hört, ist die erste Assoziation der Meisten ein Name, ein Kumpel, oder vielleicht sogar ein Musiker. Wie z.B. der Name des legendäre Bassisten Eddie Gomez oder des berühmte Jazzpianisten Eddy Louis. Wenn man in den Meereswissenschaften über einen Eddy spricht, ist das eine ganz andere Geschichte, die aber auch auf jeden Fall der Improvisation bedarf. Mit einem Eddy ist ein ozeanischer Wirbel gemeint. Diese Wirbel spielen eine wichtige Rolle für die physikalischen Zustände des Meerwassers (z.B. Temperatur, Salzgehalt, Masse, Impuls) und für zahlreiche andere biogeochemische Tracer, welche über lange Distanzen und über frontale Grenzen transportiert werden. Dabei beeinflussen sie die großräumige Wassermassenverteilung, die allgemeine Zirkulation und die Biologie im Ozean. Die sogenannten mesoskaligen Wirbel, die wir während der Forschungsfahrt MSM61 untersuchen wollten, haben einen Durchmesser von etwa 10 bis 200 Kilometer und eine Lebensdauer von ein paar Tagen bis zu einem Jahr oder sogar länger. Für eine Weile wurden diese Wirbel und andere zufällige Schwankungen als störend angesehen, da sie die gemittelten Messwerte zu verfälschen schienen. Aber Verbesserungen bei der Beobachtung von Ozeanen, insbesondere von Satellitendaten, aber auch von hochauflösenden globalen Ozeanmodellen, zeigten, dass sie stattdessen ein wichtiger Teil der Ozeanzirkulation sind und das allgegenwärtig in den Weltmeeren.

Ozeanische Wirbel im tropischen Nordostatlantik entstehen meist vor der Küste Afrikas durch vertikale Scherinstabilitäten des oberflächenahen Strömungssystems, vorzugsweise im borealen Sommer. Nach ihrer Entstehung bewegen sich die Wirbel nach Westen (durchschnittliche Geschwindigkeit etwa 3 ± 2,15 km d-1) mit einer kleinen meridionalen Ablenkung je nach Polarität: Antizyklone – Äquatorwärts, Zyklone – Polwärts. In den Wirbelkernen bildet sich ein geschlossenes System, welches nur einen geringen Austausch mit den umliegenden Gewässern zeigt. Das bedeutet, dass die Wassereigenschaften der Wirbelkerne mit dem des Herkunftsgebiets übereinstimmen und diese während ihrer Ausbreitung in die Offshore-Gebiete bestehen bleiben. So fungieren sie als wichtige Transportmittel zwischen Küstengewässern und dem offenen Ozean. Außerdem können sich die biogeochemischen Zustände innerhalb dieser Wirbel während ihrer Lebensdauer von den umgebenden Wassermassen sehr unterscheiden. Es sind hypoxische bis suboxische (<5 μmol /kg) Sauerstoffniveaus in den Wirbelkernen beobachtet worden. Der tropische Nordostatlantik ist normalerweise durch eine gemäßigte Sauerstoffminimalzone mit Sauerstoffkonzentrationen um 40 μmol /kg gekennzeichnet. Die Entstehung von den sehr niedrigen Sauerstoffbereichen in den Wirbeln ist auf die Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen: eine hohe biologische Produktivität in den Oberflächengewässern des Wirbels, eine erhöhte Atmung des sinkenden organischen Materials in die Tiefe und eine Isolierung des Wirbelkerns vom sauerstoffreicheren Umgebungswasser.

Die Animation zeigt im oberen Fenster den Weg eines Eddys durch den östl. tropischen Atlantik. Im unteren Fenster sind die gemessenen O2-Konzentratinen am CVOO zus sehen. Animation: Florian Schütte, GEOMAR

Alle diese Prozesse und Feedbacks innerhalb dieser geschlossenen natürlichen “Mesoskosmen” -Systeme (verhalten sich wie große Aquarien) sind nur schlecht verstanden. Insgesamt bietet die Charakterisierung und die Auswirkungen, die Wirbel auf die Umgebung haben interessante und offene Fragen der aktuellen Meereswissenschaften. Die sozioökonomischen Vorteile von Wirbeln sind für die Regionen, in denen sie erzeugt werden, sehr relevant. So haben die Wassertransporte durch einen Wirbel einen direkten Einfluss auf die Küstenproduktivität. Hohe (oder niedrige) Wirbel-getriebene Transporte von nährstoffreichem Wasser aus dem Küstenschelf (Flachmeer) in den offenen Ozean führen zu einer niedrigeren (oder höheren) biologischen Produktion im Flachmeer. Die Fischerei in Westafrika macht etwa 60% der Proteinversorgung der Region aus, eine der wichtigsten Ressourcen und Einkommensfaktoren für die Menschen dort. Darüber hinaus hat der niedrige Sauerstoffgehalt in den Wirbelkernen tiefgreifende Auswirkungen auf die Planktonzusammensetzung. Auf der einen Seite meiden Organismen den Bereich im Wirbelkern mit niederem Sauerstoffgehalt, aber andererseits erhöht die Verringerung des bewohnbaren sauerstoffreichen Volumens in der Mischschicht über dem Wirbelkern (starker Anstieg des Zooplanktons) die Häufigkeit höherer trophischer Ebenen (viele kleine pelagische Futterfische und ihre Raubtiere), die von reichen Nährstoffangebot profitieren.

Auf Wirbeljagd:

Biogeochemische und ökologische In-situ-Messungen dieser relativ kleinen und kurzlebigen Wirbel sind aufgrund technischer und logistischer Herausforderung selten. Auf der eigentlichen Forschungsfahrt MSM61 wollen wir unter anderem diese Wirbel detaillierter untersuchen und versuchen, herauszufinden, was passiert, wenn solch ein sauerstoffarmer Wirbel auf eine Insel trifft (wie etwa eine der Kapverdischen Inseln) oder einen flache Seamount (Unterwasserberg). Im Januar, einen Monat vor dem Start der Expedition hatte Dr. Florian Schütte zusammen mit Christian Begeler von FB1 einen autonomen SLOCUM Gleiter ausgesetzt und schickte ihn um die Insel Santo Antão herum- Der Gleiter drehte anschließend nach Osten. Dort tauchte er in einem Zickzackkurs in weiter Richtung Osten, um den Senghor Seamount zu untersuchen. Der Gleiter sollte interessanten Bereiche am Seanghor Seamount vor der eigentlichen Schiffsexpedition erkunden und möglicherweise sogar direkt einen sauerstoffarmen Wirbel aufspüren, dem wir im Falle des Erfolgs folgen und später noch näher untersuchen wollten.


Gleiteralarm:

Als er den Senghor Seamount erreichte, hatte der Gleiter aufgehört Signale zu senden. Das war kein gutes Zeichen, aber wir hatten Glück, und waren in der Lage ihn zu bergen. Gleiter benötigen in der Regel eine Mindesttiefe von 100 Meter für einen Tauchgang, dies konnte auf dem Senghor Seamount kritisch werden, da er an einigen Stellen nur 95 Meter unter die Meeresoberfläche reicht. Wir haben angenommen, dass der autonome Gleiter sich auf dem Weg zurück zur Oberfläche an einem Felsen verhakt hatte. Die Messungen des Gleiters zeigten, dass er bei seinem Weg an die Oberfläche mehr als sieben Stunden fest steckte. Irgendwie hatte er es dann geschafft sich zu befreien und nach zehn Stunden des völligen Verschwindens wurden wieder Signale empfangen. Nun musste ein Bergungsversuch gestartet werden. Der erste Versuch, die Bergung von einem Schlauchboot aus, war ein anspruchsvolles Unterfangen, da wir sehr hohe Wellen hatten . Als der erste Versuch missglückte, versuchten wir etwas Neuem. Mit Hilfe einer Art riesigen Regenschirms (Rettungsnetz zur horizontalen Bergung von Menschen) verlief unerwartet sehr erfolgreich. Zurück an Bord der FS ​​MARIA S. MERIAN wurde der Gleiter dann untersucht, die wurden Batterien ausgetauscht und der Gleiter konnte wurde anschließend wieder zusammen gebaut und ausgesetzt.

Forschungsfahrten sind immer unvorhersehbar und die Improvisation ist eine wesentliche Voraussetzung. Wie mit Jazzmusik.

Aus der spannenden Rettung des Gleiters und der neuen Art ihn zu Bergen ist ein kurzes Video entstanden. Vielen Dank noch einmal dafür an die Crew der MARIA S. MERIAN!

Wenn du unserem Gleiter auf seiner Mission am Senghor Seamount folgen willst klicke auf den folgenden Link:
http://waveglider.geomar.de oder http://gliderweb.geomar.de

Cordula Zenk und Florian Schütte

 

Während der Expedition MSM61 gab es eine Frage-Antwort Aktion„Nachgefragt! Eure Fragen an die Wissenschaft“ in Kooperation mit dem Wissenschaftsjahr 2016*17 – Meere und Ozeane mit dem Wissenschafts-Blogportal http://scilogs.spektrum.de/. Eine Frage richtete sich genau an das Forschungsgebiet von Dr. Florian Schütte.

Carlo fragte: „Liegt der Senghor Seamount auch im Bereich der Sauerstoffminimumzone im Atlantik? Gibt es in der Region Daten über eine Sauerstoffabnahme in den vergangenen Jahren?“ Und hier ist seine Videoantwort:

Sauerstoffminimumzonen im Atlantik

 

 

English version

If you refer to eddy, the first association one would have is related to names, a good pal, or even maybe a musician. Like for example the legendary bassist Eddie Gomez or the great jazz organist Eddy Louis. Talking about eddy in marine science, is a bit of another story, however, when it comes to composing, the ocean eddies play an important role in the capability to transport physical properties (e.g. heat, salt, mass, momentum) and numerous other biogeochemical tracers over long distances and across frontal boundaries. Thereby they impact the large-scale water mass distribution, the general circulation and ocean biology. The so-called mesoscale eddies, which we wanted to investigate during the research cruise MSM 61, have radii of about 10 to 200 km and lifetimes from a few days to one year or even longer. For a while, these eddies and other random fluctuations were regarded as nuisance, masking the mean flow. But improvements in ocean observing, in particular from satellite missions, but also from high-resolution global ocean models, revealed that instead they are a prominent feature of the ocean circulation and are ubiquitous in the world oceans.

Eddies in the eastern tropical North Atlantic are mostly topographically generated near the headlands off the coast of Africa through vertical shear instabilities of the near surface coastal boundary system, preferentially in boreal summer. After their generation, the eddies travel westwards (on average about 3 ± 2.15 km d-1) with a small meridional deflection depending on the polarity: Anticyclones – equatorward, cyclones – poleward. In the eddy cores, a closed system is formed and only very little exchange with the surrounding waters occurs. That means the water properties of the eddy cores are related to the region of origin and exist throughout its propagation into the offshore areas. So they act as a major transport agent between costal waters and the open ocean. Besides, the biogeochemical conditions within these eddies during its lifetime can evolve very different from the surrounding water masses. Fro example are hypoxic to suboxic (<5 µmol/kg) oxygen levels been observed in the eddy cores. The eastern tropical North Atlantic is normally characterized by a moderate oxygen minimum zone with lowest O2 concentrations around 40 µmol/kg. The creation of these very low-oxygen cores in the eddies have been attributed to the combination of several factors: high productivity in the surface waters of the eddy, enhanced respiration of sinking organic material at subsurface depth and an isolation of the eddy core from exchange with surrounding and better-oxygenated water.

The animations illustrates in the upper window the formation and pathway of an ocean eddy from the Westafrican coast through the tropical Northeast Atlantic. The window below illustrates the oxygen concentration at the Cape Verde Ocean Observatory. Animation: Florian Schütte, GEOMAR.

All these processes and feedbacks within in these closed natural “mesoscosm” systems are only poorly understood. Overall are the characterization and impacts of all eddies interesting open questions of actual ocean science. The socioeconomic benefits of eddies are very relevant for the regions where they are generated. So have the eddy transport a direct impact on the coastal productivity, high (low) eddy-driven transports of nutrient-rich water from the shelf into the open-ocean results in lower (higher) biological production on the shelf. Fisheries in West Africa make up to about 60% of the protein supply in the region, one of the most important resources and income factor for the people. Furthermore, the intense oxygen minimum in some kind of eddy cores has profound impacts on sensible metazoan communities and marine life. On the one hand marine life avoid the low-oxygen eddy core, but on the other hand the compression of the habitable volume in the mixed layer above the eddy core (strong increase in integrated zooplankton abundance) increases the abundance of higher trophic levels (such as small pelagic forage fish and their predators), which benefit from the dense prey field.

Eddy hunt:

Biogeochemical and ecological in situ measurements of these relatively small and short-lived eddies have been rare due to both technical and logistical challenge. On the actual research cruise MSM61 we want to investigate among others these eddies in more detail and try to find out what happens if such a low-oxygen eddy hits an island (like one of the Cap-Verde Islands) or a shallow seamount. Before the start of the cruise, Dr. Florian Schütte together with Christian Begeler of FB1 had deployed a glider in January, sending it to go around Santo Antão, then turn East and do a zigzag course in eastward direction for a survey around the Senghor Seamount to characterize the area of interest before the actual cruise and maybe find a low-oxygen eddy which we could follow and investigate in more detail later.


Glider alarm:

When reaching the Senghor Seamount, the glider had unexpectedly stopped to send signals, not a good sign but we were lucky to be close and able to recover it for inspection. Gliders usually need a minimum depths of 100 m for operation, this may become critical on the Senghor Seamount which up to 95 m to the sea surface. We assumed that the glider had on its way back to the surface been caught by a rock. The measurements of the glider showed that it was stuck on its way up to the surface for more than seven hours. Somehow it had managed to free itself and after ten hours of complete disappearance, signals were received again and a rescue plan underway. First attempt was to recover it by the ship’s zodiac, a challenging undertaking given the swell of the waves. As the first attempt failed we tried a novelty in gilder recovery for us using a huge umbrella like net and recovery was unexpectedly smooth and successful. Onboard the RS MARIA S. MERIAN, the glider was inspected, batteries swapped, and redeployed.

Cruises are always unpredictable and improvising an essential requirement. Like with jazz music.

The thrilling rescue of the glider and the new way of its recovery can be seen in the following short video clip. Thanks again to the crew of MARIA S. MERIAN!

If you want to follow our glider missions see:

http://waveglider.geomar.de or http://gliderweb.geomar.de

 

Cordula Zenk und Florian Schütte