Über uns der Himmel, unter uns der Kolumbo

Auch im Winter hat die Sonne hier in der Ägäis noch Kraft. Der Himmel ist blau und die Stimmung gut, auch wenn wir in diesen ersten Tagen viel zu tun haben. Unter Wasser, für menschliche Augen unsichtbar, passiert in der Region, in der wir uns bewegen, sehr viel Interessantes. Denn um Santorini herum verläuft eine tektonische Schwächezone mit vielen weiteren aktiven wie inaktiven Vulkanen, von denen der Kolumbo der Bekannteste ist. Da das Christiana-Santorini-Kolumbo-Vulkanfeld mit seinen mehr als 60 Kilometern Länge im Zentrum eines aktiven Grabensystems liegt, wirken hier sowohl seismische als auch vulkanische Prozesse.

Der Kolumbo selbst ist ein submariner Vulkan, der etwa 7 Kilometer nordöstlich von Santorini zu finden ist. Der tiefste Punkt seines Kraters liegt mehr als 500 Meter unter Wasser, während sein Kraterrand an der flachsten Stelle nur etwa 18 Meter unter der Meeresoberfläche liegt. Der Krater hat einen beeindruckenden Durchmesser von fast 1,8 Kilometern. Das Gebiet um den Kolumbo herum ist ein Natura-2000-Naturschutzgebiet der EU, wird aber auch im Rahmen der Frühwarnung genau beobachtet.

Der letzte große Ausbruch des Kolumbo liegt mittlerweile 375 Jahre zurück, dauerte damals im Jahre 1650 aber zwei Monate lang und richtete, besonders auf Santorini, große Schäden an. Damals kollabierte auch der Magmadom des Vulkans, wodurch einerseits die heutige Caldera entstand, andererseits damals ein verheerender Tsunami ausgelöst wurde. In seiner Nähe kommt es immer wieder zu seismischer Aktivität, zuletzt verstärkt Anfang 2025. Auch wenn nichts auf unmittelbare bevorstehende weitere Ereignisse hindeutet, wird die Region von den Behörden zur Risikoanalyse überwacht wird und ist für uns von großem Interesse, da wir aus diesem dynamischen System neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen können.

Evi teilt ihr Wissen zum Unterwasservulkan Kolumbo – nicht nur mit uns, sondern auch mit Schüler:innen auf Santorini. Foto: Johanna Salg, GEOMAR

Dies und vieles mehr erfahren wir aus einem Vortrag von Paraskevi Nomikou, die wir Evi nennen. Sie forscht seit Jahren zum Kolumbo und erklärt, aus welch vielen Forschungsmissionen sich der aktuelle Kenntnisstand zusammensetzt. Bereits in den frühen 2000er Jahren war sie auf Forschungsschiffen beim Kolumbo unterwegs. Dadurch kann sie aus erster Hand berichten, wann welche Bereiche des Unterwasservulkans erstmals entdeckt und kartiert wurden und kennt die hydrothermalen Schlote am Grund beim Namen. Der „Witches Hat“ sieht aus wie ein Hexenhut, und aus dem „Champagne“ sprudeln durchgehend so viele Gasblasen, dass man direkt an eine frisch geöffnete Flasche Champagner denken muss. Unsere Ausfahrt fügt sich also in eine Reihe von Missionen ein, um die Geheimnisse des Kolumbo ans Licht zu bringen. An Bord werden nun regelmäßig kurze wissenschaftliche Vorträge von Mitgliedern des Teams für alle, die gerade Zeit haben, gehalten. Meist geht es um Themen, die für die aktuellen Messungen relevant sind, so wie Übersichten über die Region, Erfahrungen von früheren Messungen, oder die genaue Funktionsweise der spezifischen Geräte. Dadurch kommt es zu einem angeregten Austausch zwischen den Arbeitsgruppen der jeweiligen, unterschiedlichen Geräte, die wir auf dieser Ausfahrt benutzen.

Ein Ozeanboden-Seismometer wird geborgen. Foto: Johanna Salg, GEOMAR

Ab dem Morgen des 18. Dezembers – wir sind immer noch am Kolumbo – werden hier Ozeanboden-Seismometer (OBS) geborgen, die uns Daten über seismische Aktivität liefern. Insgesamt acht Geräte steigen nacheinander an die Meeresoberfläche auf, nachdem ihr Release-Mechanismus ausgelöst wurde. Die Ozeanboden-Seismometer werden von einem Auftriebskörper nach oben Richtung Licht gezogen. Schwimmen sie einmal oben, können wir sie an Deck holen. Dabei kommt es auf ausgezeichnetes Teamwork und ein gutes Auge für den richtigen Moment an, um das Messgerät einzufangen, bevor es an der METEOR vorbei schwimmen kann. Anschließend wird es mit dem Kran an Bord gehoben. Nun stehen uns die Daten zur Verfügung, die seit dem Deployment aufgezeichnet wurden, und auf die wir gewartet haben! Aber nicht zu schnell, denn zuerst muss man sie den Messgeräten noch entlocken. Fast allen der Ozeanboden-Seismometer sieht man ihren langen Aufenthalt am Meeresboden an: Sie sind mit einer Kruste bedeckt, und vor allem ihre Schrauben halten dank einer chemischen Reaktion am Boden des Vulkans nun so gut, dass sie erst mit Säure eingeweicht werden müssen, bevor sie sich lösen lassen. Dabei helfen alle zusammen, auch einige der Seniorwissenschaftler:innen, bei denen durch diese Aufgabe nostalgische Erinnerungen an ihre eigene Zeit als studentische Hilfskräfte hochkommen. Fünf der acht OBSe werden am Ende der Fahrt wieder ausgesetzt werden, um weitere Daten aufzunehmen. Wir haben nun also bis dahin Zeit, um die auserwählten Fünf wieder auf Hochglanz zu polieren.

Die MOLA-Lander werden in den ersten Tagen an Bord getestet. Fotos: Paraskevi Nomikou

Am Nachmittag folgen noch weitere Tests der MOLA-Lander im Wasser. Vor allem geht es gerade darum, sicherzugehen, dass kein Wasser in die Kapseln dringt, die später die empfindlichen elektronischen Messgeräte an den Meeresboden transportieren sollen. Daher werden die Kapseln zunächst ohne Messinstrumente zu Wasser gelassen.

Nachdem alle Geräte vorbereitet, getestet und kalibriert wurden, werden sie in den nächsten Tagen zum Einsatz kommen! Aber davon mehr beim nächsten Mal.

Winterliche Grüße bei 18°C

Das Team der M215 (MMC-3)

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