FS Sonne, 15. Januar 2015, 12° 29.56′ N 50° 6′ W

Die Sonne im Einsatz / RV Sonne at sea. ©Oliver Meyer Die Sonne im Einsatz / RV Sonne at sea. ©Oliver Meyer

Interview mit Kapitän Oliver Meyer

Heute ist ein besonderer Tag, denn Kapitän Oliver Meyer gibt mir ein Interview für unseren Blog. Ich freue mich sehr darüber ihm viele Fragen stellen zu dürfen.
Ohne den Kapitän wäre unsere Forschung nicht möglich, alle Entscheidungen stehen und fallen mit ihm. Ergo der wichtigste Mann: Der Kapitän.
Wir treffen uns auf einem der Zwischendecks, hier steht eine gemütliche „Parkbank“. Gut gelaunt beginnt unser Gespräch. Auf meine erste Frage hin, wie er denn zur Seefahrt gekommen sei, scherzt er: „Man bewirbt sich.“ 1989 hat sich Oliver für eine Ausbildung als Schiffsmechaniker entschieden. Allerdings ist er bereits als Kind schon zur See gefahren und wusste ganz genau, was ihn erwarten würde, denn sein Vater war ebenfalls Seemann und hat die Familie öfter mitgenommen. Im Anschluss an die Ausbildung und nach einem Jahr Bundeswehr hat Oliver dann ein Nautik Studium begonnen, 2 Jahre war er dann als Nautiker tätig, ehe er das sogenannte Kapitänspatent bekam. Abzüglich der Studienzeit sei er inzwischen etwa 26 Jahre auf den Weltmeeren unterwegs. 2005 ist er Kapitän der alten Sonne geworden. Oliver war während seiner Laufbahn schon auf diversen Forschungsschiffen tätig; hierzu zählen: die alte Sonne (2004-2014), Meteor (1996), Poseidon, Heincke, Viktor Hensen.
Neben seinem Lebenslauf interessiere ich mich auch für Olivers Ansichten. Ich frage ihn, welche Unterschiede es für einen Kapitän eines Forschungsschiffes im Vergleich zu anderen Schiffen gibt. Er erklärt mir, dass andere Schiffe eine festgelegte Route von A nach B fahren, man müsse sich das vorstellen wie bei einem Busfahrer. Bei einem Forschungsschiff ist das natürlich anders. Teilweise werden Zick-Zack-Routen gefahren wobei die genauen Koordinaten teilweise erst während der Tour bekannt gegeben werden. Auf der Sonne ist es natürlich familiärer, als z.B. auf einem Containerschiff, auch unter der Wissenschaft hat man „alte Bekannte“. Ich habe gelesen, dass früher eine Schiffsmechaniker-Ausbildung obligatorisch für ein Nautik Studium und eine darauf folgende Kapitänslaufbahn war. Heute ist das nicht mehr so. „Einerseits ist das gut“, findet Oliver, „denn es kommen auf diese Weise mehr Leute zum Studium.“ „Nicht jeder hatte Lust eine Mechaniker Ausbildung im Vorfeld zu absolvieren.“ „Anderseits ist es natürlich ein Nachteil, wenn man später Sachverhalte beurteilen soll und hat praktisch nie damit gearbeitet.“ Ich frage, wie denn der Frauenanteil im Bereich Schiffsmechaniker/in und Kapitän/in aussieht. Oliver hat 1989 seine Ausbildung mit 9 weiteren Kollegen absolviert, 2 davon waren Kolleginnen. Er schätzt, dass heutzutage etwa 5-6% der Seeleute Frauen sind. Mich interessiert, welche Fähigkeiten ein Kapitän mitbringen sollte. „Wichtig ist unbedingt Kompromissbereitschaft, aber auch Einfühlungsvermögen, Konfliktmanagement und Verantwortungsbewusstsein und Improvisationstalent.“ Auf die Frage nach seiner schönsten Tour erwidert Oliver: „Ich fand eigentlich alle gut, inklusive dieser Fahrt“. „Es ist natürlich umso besser je mehr die Chemie zwischen den Leuten stimmt.“ Am liebsten fährt er aber nach Neuseeland, Japan und Südafrika. Hier ist die Bürokratie ein wenig einfacher als in anderen Ländern. Aber auch in der Nordsee, was aufgrund der Testfahrten und der Open Ship Veranstaltungen mit der neuen Sonne zuletzt öfter vorkam.
„Wie ist das eigentlich, wenn die Forscher ausgestiegen sind, bekommst du Feedback, was aus den Proben geworden ist, welche Ergebnisse erzielt wurden?“ frage ich. „Eher selten, sagt Oliver. „Aber interessieren würde es mich schon.“ Ich war auch schon mal beim MARUM und GEOMAR eingeladen.“
Mich interessiert auch, was Oliver macht, wenn er Zuhause ist und worauf er sich besonders freut. Natürlich ist es ihm sehr wichtig seine Familie und Freunde wieder zu sehen. Schön ist es auch einfach hingehen zu können, wann und wohin man will und 24 Stunden am Tag für sich zu haben. Auf die Frage, ob Oliver auch privat ein Boot hat ,verneint er. Ich frage, ob er denn gerne eines hätte, woraufhin er zurückfragt, ob ich eins verkaufen will. Wir lachen. Auf Schiffen kann das Essen nur begrenzt gelagert werden, also frage ich, was er gerne mal wieder essen möchte, wenn er nach Hause kommt. Ich schlage ihm eine schöne Steinofenpizza vor. „Tiefkühlpizza?“ fragt er mich lachend zurück, „nein, vom Italiener um die Ecke.“ „Ich werde mir erst mal einen Döner holen“, sagt der Kapitän.
„Grünkohl wäre auch schön, aber nur im Winter“. Zum Thema Winter fällt mir spontan eine Frage ein: „Magst du den Winter eigentlich, du bist mit Sonne ja eigentlich nur in warmen Gefilden unterwegs, was evtl. auch den Namen des Schiffes erklärt?“ „Naja, nicht ganz. Viele Schiffe werden nach Gestirnen benannt, so auch Polarstern und Sonne. Auf den Winter freu ich mich, ich mag Jahreszeiten. Ich brauche es nicht immer so warm.“ „Oliver, du hast Polarstern erwähnt, würdest du das Schiff gerne mal fahren?“
Die Augen des Kapitäns glänzen, „Ich würde auf jeden Fall gerne mal im Eis fahren“, sagt er. „Aber das würde nur gehen, wenn „Briese“ die Reederei von Polarstern wäre. Ein Ausleihen von Kapitänen gibt es eigentlich so nicht. Zudem müsste auch ein Kollege mit Erfahrung dabei sein. Im Eis zu fahren ist ja noch einmal etwas ganz anderes.“
Meine letzte Frage zielt auf die nächste Möglichkeit Sonne einmal live in Deutschland zu erleben ab. „Das ist noch nicht abzusehen. Vielleicht in 5 Jahren. Dann muss Sonne zum ersten Mal in die Werft.“
Vielen Dank an dieser Stelle an Oliver Meyer für die geduldige Beantwortung all meiner Fragen …und es waren viele ☺ 

Christina Schmidt
Senckenberg Institut
Deutsches Zentrum für marine Biodiversität
Wilhelmshaven


[English]

Interview with Captain Oliver Meyer

Today is a very special day for me, Captain Oliver Meyer will give me an interview for our daily blog. I am very happy to ask him many questions. Without the captain our research would not be possible. All decisions will finally be made by him. Ergo: The most important man on board is the captain.
We meet at one of the middle decks, here there is a nice and comfortable park bench. Our talk starts good-humoured. My first question is how he became a sailor. „You have to apply“, he is joking. 1989 Oliver decided to make an apprenticeship as a ship mechanic/sailor. But his father was also a sailor and took his family sometimes on cruises. After the apprenticeship and a subsequent year in the „Bundeswehr“ Oliver started studying nautical science. Without counting the time at the university, he is now 26 years at sea. In 2005 Oliver became captain on the old „Sonne.“ But during his career he worked already on different research vessels such as Meteor, Poseidon, Heincke and Viktor Hensen.
Beside his curriculum I am also interested in Oliver’s opinions. I asked him what are the differences between research vessels and other ships. He explains that other ships have fixed routes where they drive from point A to point B like a bus driver. At a research vessel this is of course not the case. Sometimes it is necessary to drive criss-cross routes because the aim is not to drive directly and as fast as possible to the next harbour. At the Sonne it is more familiar than for example on a container ship. Some scientists are also „old friends“, having every year some tours with the Sonne. I read that in earlier times it was obligatory to have the apprenticeship as ship mechanic, before it was possible to study nautical science and to become captain. It is not a requirement anymore. „On the one hand it is a good development,“ Oliver says, „More people are coming to the university. Many people did not study nautical science because of the long apprenticeship. On the other hand it is a disadvantage to assess circumstances without practical knowledge.“
I asked for the ratio of women on board of german ships in case of the mechanics and captains. Oliver did his apprenticeship 1989 with 9 colleagues, 2 were women. He estimates that nowadays 5-6% of sailors are women.
I am interested in the skills of a captain. „Important is especially readiness to compromise but also empathy, conflict management, sense of responsibility and talent for improvisation.“ My next question is, which tour he liked most of all and Oliver answers: „I liked all tours, this one inclusive. „The more the chemistry is right the more pleasant is a tour.“ Oliver likes tours to New Zealand, Japan and South Africa and tours in the North Sea best. The bureaucracy here is easier than in other countries.
„When the researchers get off, do you get feedback from the results afterwards?“, I am asking. „This is unusual, but sometimes I get some information“ Oliver says. „But I am interested. MARUM and GEOMAR invited me once and I visited the institutes.“
I am also interested in what Oliver is doing when he is at home. Of course it is important for him to visit family and friends. Furthermore, it is nice to have plenty of time. When I ask him if he has an own boat at home, Oliver negates. I ask him if he would like to have one, whereupon he ask if I would like to sell a boat. We are laughing.
On Board food is not unlimited available therefore I ask Oliver what he will eat first when he is back in Germany. I suggest a Pizza. „Frozen Pizza,“ he ask me laughing back, „No, from an italian restaurant.“ „I will have a Döner“, the captain says.
„Cabbage would also be great but just during the winter.“ „Do you like the winter?“ I ask. „With Sonne you are only traveling in warm regions what by the way may explain the name of the ship?“ „No, most of the ships are named after stars, as Polarstern and Sonne. I like the winter and seasons. I don´t like it warm all the time.“ „Oliver, you metioned Polarstern, would you like to drive it once?“. The eyes of the captain light up when he speaks. „Definetely, I would like. But that would only be possible if the ship company from Polarstern is „Briese.“ It is not possible to borrow captains from other companies. In addition, an experienced colleague should be also on board. Tours in ice areas are completly different.“
My last question is about the oppertunity to see the Sonne again in Germany. „I don’ t know. Maybe in 5 years again. This is the time when Sonne needs the first inspection in the shipyard.
Many thanks to Oliver Meyer for answering all my questions…. and there were plenty of questions ☺

Oliver Meyer im Interview / Oliver Meyer during the interview. ©Thomas Walter

Oliver Meyer im Interview / Oliver Meyer during the interview. ©Thomas Walter

Der Kapitän auf der Brücke / Master on the bridge. ©Thomas Walter

Der Kapitän auf der Brücke / Master on the bridge. ©Thomas Walter

Auf Inspektionstour um die Sonne / Inspecting RV Sonne ©Thomas Walter

Auf Inspektionstour um die Sonne / Inspecting RV Sonne ©Thomas Walter

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