AL499 – Kurswechsel

Während die Nachtschicht auf dem beleuchteten Deck noch die Netzte ausspülte, musste die ALKOR wegen eines heranziehenden Sturms ihren Kurs ändern. Der gelb eingefärbte Fleck auf dem Wetterradar, der vor erhöhter Windgeschwindigkeit warnt, kriecht wie eine Schnecke langsam von Norden auf uns zu. Damit wir nicht in diesen Sturm geraten, fahren wir statt der drei geplanten Stationen vor der Küste Finnlands nun mehrere Stationen westlich von Gotland an.

Nach einem leckeren Frühstück mit ofenwarmen Brötchen, Pfannkuchen und heißem Kaffee, erreichen wir die erste dieser Stationen. Die Studierenden setzen bei Sonne und strahlend blauem Himmel ein Bongo-Netz aus, das wegen seiner zwei nebeneinanderliegenden kreisrunden Öffnungen seinen Namen der Bongo-Trommel verdankt. Am Ende jeden Netzes befindet sich ein Behälter, in dem die Meeresorganismen und das Wasser aus bestimmten Wasserschichten aufgefangen werden.

Das Bongo-Netz an Bord der ALKOR: Foto: Sirin Schulz/GEOMAR

Ich sehe mir an wie zwei der Studierenden, mit Ölzeug und Gummistiefeln bekleidet, das Netz ins Wasser lassen. Nach 10 Minuten Fahrt holen sie das Bongo-Netz mit dem Schiffskran wieder aus dem Wasser.  Moritz Baumann, Master-Student am GEOMAR, stellt unter jeden Probenbehälter einen farbigen Plastikeimer, auf dem die Wassertiefe der jeweiligen Probe vermerkt ist. Er drückt mir einen Wasserschlauch in die Hand, mit dem ich die Partikel, die im Netz hängen geblieben sind, in die Behälter am Ende des Netzes spüle. So entgehen uns keine wichtigen Fragmente. „Alle Organismen im Netz sind wichtig für die späteren Ergebnisse“, erklärt Moritz. Sobald das Netz gründlich ausgespült ist, kippt er den Inhalt des Auffangbehälters in den dazugehörigen Eimer und trägt die Probe ins Labor. Darin tummeln sich neben Quallen und Fischlarven auch kleine Krebstiere, die von den Quallen gefressen werden. Die durchsichtigen Tiere sollen zukünftig in dem neuen Quallenkreisel des Aquarium GEOMAR leben.

Moritz sucht die passenden Eimer für die Proben. Foto: Sirin Schulz/GEOMAR

Ich bringe den Eimer mit den winzigen Krebstierchen in den Kühlraum, wo sie bis zur Fütterung lagern. Als ich das Nasslabor wieder betrete, steht Moritz vor einer Waage und wiegt die Quallen aus der ersten Probe. Ich gehe zu einem blauen Pult und trage die Zahl, die er mir zuruft, in ein „Quallenprotokoll“ ein. Diese Protokolle werden später digitalisiert und verglichen. „Damit können wir herausfinden wo die Quallen leben und wie stark sie sich vermehren“, sagt Moritz und fügt hinzu: „Gut erhaltene Exemplare nehmen wir für DNA-Proben mit.“ Die DNA der unterschiedlichen Quallen wird dann im Labor verglichen. So können die Studierenden klar erkennen aus welcher Region der Ostsee die Quallen stammen und welcher Population sie angehören. „Auch wenn die Quallen derselben Art angehören, bedeutet das nicht, dass sie sich außerhalb ihrer Population vermehren können“, erklärt mir Moritz.

Auf die Frage warum er sich für die Fahrt auf der ALKOR entschieden hat, antwortet er: „Seereisen gehören einfach zum Leben eines Meereswissenschaftlers dazu. Für mich ist diese Fahrt die perfekte Gelegenheit auf entspannte Art und Weise das Forscherleben kennenzulernen. Hier ist es nicht schlimm wenn mal etwas daneben geht und wir haben die Möglichkeit aus unseren Fehlern zu lernen.“

Sirin Schulz

Die ALKOR auf dem Weg zu ihrer nächsten Station. Foto: Sirin Schulz/GEOMAR