Weihnachten ist geschafft, der Jahreswechsel steht unmittelbar bevor – Zeit für einen Rückblick. »Nicht noch einer«, sagst Du, liebe Leserin oder lieber Leser? Gut, zugegeben, es herrscht kein Mangel an Jahresrückblicken. Und die meisten beschäftigen sich mit immer den gleichen Ereignissen – weil Katastrophen und Sensationen (wenn’s geht blutig) angeblich mehr Auflage oder mehr Klicks bringen als gute Nachrichten. Leider bietet 2016 auf den ersten Blick genug Futter für Rückschauen, die sich auf die Attraktivität des Grauens verlassen. Aber da war mehr als das. Viel mehr. Zum Glück sind dieser Blog und dieses Blogportal auf die Meere und ihre Erforschung fokussiert. Deshalb bleiben wir dabei und ziehen – Überraschung – eine positive Jahresbilanz:
Da ist auf globaler Ebene zum Beispiel die Schaffung großer neuer Schutzgebiete in der Antarktis, oder auch in der Arktis und im Atlantik. Da sind die Ratifizierung des Klimaschutzabkommens von Paris und der ebenfalls konstruktive Abschluss der Klimaschutzverhandlungen in Marrakesch. Im Bezug auf Klimaschutz gibt es natürlich auch schlechte Nachrichten, aber eben nicht nur. Es gibt offenbar genug Akteure rund um den Globus, die voran kommen wollen und sich nicht von Ewiggestrigen abschrecken lassen.
Klima- und Meeresschutz kann nur auf einem möglichst breiten Fundament aus Wissen über das Funktionieren des Klimas und der Ozeane erfolgreich sein. Und damit sind wir bei unserem eigentlichen Thema. Um dieses Wissen zu erweitern, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Kiel zahlreiche Expeditionen auf unseren Weltmeeren unternommen. Einige davon haben ihre Erlebnisse auch in Blogs festgehalten, unter anderem die Expedition SO252 oder aktuell die Expedition M133. Die Ergebnisse dieser Fahrten müssen noch ausgewertet werden, aber dafür konnten viele Studien in Fachmagazinen veröffentlicht werden, die auf früheren Expeditionen oder Laborarbeiten basieren. Außerdem fanden in Kiel einige größere Veranstaltungen wie der Kongress des Mittelmeerforschungsrates CIESM statt.
Wir in den Kommunikationsgruppen des GEOMAR und “Ozean der Zukunft” bemühen uns dann, die Erkenntnisse der Wissenschaft allgemein bekannter zu machen. Zum Basiswissen gehört zum Beispiel, dass die Meere einen großen Teil des Sauerstoffs produzieren, den wir atmen, dass sie unser Klima regulieren, uns Nahrung bieten, ein wichtiger Transportweg sind – kurz: Dass ohne die Meere auf unserem blauen Planeten nichts läuft. Regelmäßige Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen das natürlich schon. Trotzdem erreichen wir nie so viele Menschen, wie wir uns wünschen würden. Kolleginnen und Kollegen in anderen meereswissenschaftlichen Einrichtungen sind genauso begeistert dabei – dennoch, wir alle würden immer gern merh erreichen.
2016 erhielten wir für unsere Bemühungen allerdings breite Unterstützung, denn seit Anfang Juni befinden wir uns im Wissenschaftsjahr »Meere und Ozeane«. Ausgerufen vom Bundesforschungsministerium soll es die 70 Prozent unserer Erde, die von Wasser bedeckt sind, besonders ins Bewusstsein der Menschen bringen – egal ob sie in Flensburg oder Oberammergau wohnen.
Das bedeutete für uns zwar deutlich mehr Arbeit, mehr Anfragen, mehr Veranstaltungen – aber genau das wünschen wir uns ja. Also: Daumen hoch für das Wissenschaftsjahr. Und wenn man die Zahlen der Medienberichte, der Medienanfragen und die Reaktionen in den sozialen Medien verfolgt, dann erreicht es sein Ziel. Darüber freuen wir uns sehr.
Bei uns in Kiel hat das Wissenschaftsjahr übrigens inoffiziell schon im Mai mit der Eröffnung der Ausstellung auf der MS Wissenschaft angefangen. Anschließend ist das Binnenschiff bis September über die Flüsse und Kanäle Norddeutschlands geschippert und hat in mehr als 30 Städten für einige Tage seine Luken für Interessierte geöffnet.
An der offiziellen Eröffnung des Wissenschaftsjahres am 7. Juni in Berlin waren wir unter anderem mit unserem Unterseeroboter ROV KIEL 6000 beteiligt. Er brachte für ein paar Tage einen Hauch von Tiefsee in die Hauptstadt, bevor er für die nächste wissenschaftliche Expedition in den Pazifik transportiert wurde.
Einige Höhepunkte des (Wissenschafts-) Jahres hier in Bildern (nur eine kleine Auswahl):
Und das Beste ist: 2016 ist vorüber, das Wissenschaftsjahr aber noch lange nicht. Es läuft bis September 2017 weiter. Das bedeutet, dass auch Du, liebe Leserin, und Du, lieber Leser in Süddeuschland, noch Besuch von der MS Wissenschaft erhältst. Das bedeutet, dass es auch im nächsten Jahr im gesamten Land zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Meere und Ozeane geben wird. Um nur ein Beispiel zu nennen: Schülerinnen und Schüler ab 16 können sich noch bis März für eine zweiwöchigen Workshop auf Helgoland bewerben. Im Sommer wird es im Foyer des BMBF eine Ausstellung zur Tiefsee geben. Und die Fotoausstellung zum Thema Ozeanversauerung kommt unter anderem nach München. Mehr Details gibt es unter www.wissenschaftsjahr.de. Regelmäßige Updates gibt es hier im Oceannavigator-Blog. Vielleicht treffen wir uns auch bei der einen oder anderen Veranstaltung? Wir würden uns freuen!
Ein gutes neues Jahr wünscht im Namen aller Autorinnen und Autoren dieses Blogs,
Jan Steffen