Adventskalender-Wochentürchen II: Entwicklung der Meeresforschung

+++ Dies ist der zweite Adventskalender-Beitrag vom Ocean-Navigator. Nächsten Sonntag gibt es mehr zur Entwicklung der Ozeanforschung. Viel Spaß beim Lesen! +++

Im letzten Beitrag ging es um die Challenger Expedition. Sie war die größte und kostspieligste Expedition der viktorianischen Epoche. Auch wenn es sich über 20 Jahre hinzog, dieses Riesenunterfangen auszuwerten, stand die Meeresforschung in der Zwischenzeit nicht still.

1900 wurde die „Deutsche Wissenschaftliche Kommission für die Internationale Meeresforschung“ (kurz: Internationale Kommission) als deutscher Partner für den „International Council for the Exploration of the Sea“ (ICES) gegründet um weltweite Daten über zum Beispiel die Bestandsdaten der Fischerei zu sammeln und zu bewerten. Dieser Kommission gehörten die Kieler Professoren Otto Krümmel (1854-1912) und Karl Brandt (1854 -1931, Zoologie, Nachfolger von Möbius) an. Die Kommission besteht bis heute und sitzt in Kopenhagen.

Otto Krümmel, Geograph und Pionier der Ozeanographie

Otto Krümmel, Geograph und Pionier der Ozeanographie

1902 wurde in Kiel das „Laboratorium für die internationale Meeresforschung“ unter Leitung von Otto Krümmel eingerichtet. Zeitgleich mit der Gründung des ICES sollten biologische, chemische und physikalische Beobachtungen aus Nord- und Ostsee gesammelt werden, um neueste Bestands- und Umweltkenntnisse in die Bewirtschaftung der Meere einfließen zu lassen.

Physiker Alexander Behm (1880-1952) vermaß mit dem, von ihm ab 1912 in Kiel entwickelten, Echolot die Meeresböden präzise wie nie zuvor während der „Deutschen Atlantischen Expedition“ 1925-27 auf dem Forschungsschiff „Meteor“ und läutete damit eine neue Phase der Tiefseeforschung ein. In insgesamt 67.000 Tiefenmessungen im Südatlantik entstanden die ersten detaillierten Tiefenkarten der Meere.

1936 wurde Adolf Remane Direktor des Zoologischen Instituts der Universität Kiel und bekam den Auftrag, in Kitzeberg am Ostufer der Kieler Förde ein Meeresinstitut mit Abteilungen für Biologie, Hydrographie/Chemie und Hydrogeologie zu gründen. 1937 wurde das Institut eingeweiht und der Meereschemiker Hermann Wattenberg wurde 1944 zum Direktor ernannt. Wattenberg stand für die Grundlagenforschung bezogen auf die Ozeanbeobachtung. Er starb am 24. Juli 1944 als das Institutsgebäude durch Bomben vernichtet wurde. Auch das zu der Zeit führende „Berliner Institut für Meereskunde“ wurde bombardiert. Nach dem Krieg wurde das Institut für Meereskunde in Kiel neu eingerichtet und zum Nachfolger des Berliner Instituts erklärt.

Nicht nur in Kiel, sondern auch weltweit entwickelte sich die Meeresforschung und die damit verbundene Technologie zur Erforschung neuer Lebensräume und Tiefen der Wassersäule rasant weiter. So stellte Jacques-Yves Cousteau (1910-1997) im Jahre 1947 einen Weltrekord im Freitauchen auf: Er war ohne Hilfsmittel bis in eine Tiefe von 91,5 Metern vorgedrungen! Und das, obwohl er ein Jahr zuvor ein Atemgerät des Meeresforschers Hans Hass zur „Aqualunge“ weiterentwickelt hat. Die Aqualunge war das erste Presslufttauchgerät, mit dessen Nachfolgern auch heute noch getaucht wird, sowohl beim Berufs-als auch beim Sporttauchen.

Neben neuen, technischen Spielereien und Rekordversuchen versetzte Cousteau auch im filmischen Bereich Grenzen. Seine Filme – zum Teil in vierzig Meter Tiefe gedrehte Farbfilme – gaben neue Einblicke in eine faszinierende Unterwasserwelt und Anstoß für neue Forschungsfragen. Während das „Laboratorium für die internationale Meeresforschung“ in Kiel vor allem chemische und physikalische Untersuchungen an dem größtenteils mit der „Poseidon“ gewonnenen Material über Jahrzehnte durchführte, rüstete Cousteau 1950 ein ausgemustertes englisches Minenräumschiff zur Forschungsstation auf. Von der „Calypso“, der Nymphe in der „Odyssee“, aus starteten die Dreharbeiten für die Serie „Geheimnisse des Meeres“, die ein internationales Publikum jahrelang begeisterte. Sogar bei den ersten Tauchversuchen von Auguste Picard in der Nähe der Kapverdischen Inseln war Cousteau mit der Kamera dabei. Unter seiner Leitung des Ozeanographischen Museums in Monaco betrieb er Museumsschiffe in Übersee, Vorgänger heutiger Museumsschiffe wie die deutsche „MS Wissenschaft“.

Das Forschungsfisch von Jacques Cousteau, die Calypso, vor Montreal, 1980. Foto: René Beauchamp - http://www.shipspotting.com/gallery/photo.php?lid=2208990

Das Forschungsfisch von Jacques Cousteau, die Calypso, vor Montreal, 1980. Foto: René Beauchamp – http://www.shipspotting.com/gallery/photo.php?lid=2208990

Mit dem Sinken der „Calypso“ 1996 im Hafen von Singapur endete zwar die Cousteau-Ära, die einem großen Publikum weltweit tiefere Einblicke in die Meere ermöglichte, nicht aber die intensive Beforschung der Meere! Heute sind unzählige Forschungsschiffe und Wissenschaftler auf dem Globus im Einsatz, um Erkenntnisse über nach wie vor größtenteils unbekannte Gebiete des Ozeans zu sammeln. Über die deutsche Forschungsflotte wird es nächste Woche mehr zu lesen geben. Seien Sie gespannt!

Einen schönen 2. Advent wünscht,

Frederike Tirre