Navigators Wochenbericht: Konferenzen, Vorträge und Expeditionen

Mehr als 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trafen sich diese Woche in Kiel, um auf der SOLAS Open Science Conference 2015 neueste Forschungsergebnisse zu diskutieren. Mehr als 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trafen sich diese Woche in Kiel, um auf der SOLAS Open Science Conference 2015 neueste Forschungsergebnisse zu diskutieren.

In der vergangenen Woche präsentierten sich Kiel und die Kieler Meereswissenschaften als gute Gastgeber. Sogar die Sonne schien und die Förde funkelte in wunderbarem Spätsommerlicht, als  mehr als 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 35 Ländern zur einwöchigen SOLAS-Konferenz angereist kamen. Sie genossen spannende Vorträge, Workshops und Diskussionen. SOLAS steht für Surface Ocean – Lower Atmosphere Study. Die Konferenz beschäftigte sich mit den komplexen physikalischen, chemischen und biologischen Austauschprozessen zwischen Ozean und Atmosphäre. Diese Prozesse sind vor allem für unser Klima von Bedeutung. So nimmt der Ozean rund ein Drittel des vom Menschen produzierten Kohlendioxids auf und puffert somit die Erwärmung der Erde ab.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der SOLAS-Konferenz - die meisten jedenfalls.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der SOLAS-Konferenz – die meisten jedenfalls.

Was die Forscher in zahlreichen Sessions und Workshops erarbeiten, ist auch jenseits des wissenschaftlichen Diskurses von Bedeutung. Das Meer gehört zum Menschheitserbe, und wir sind dafür verantwortlich, es für zukünftige Generationen zu schützen und zu erhalten. Diesen Appell richtete der renommierte Klimaforscher Professor Hans Joachim Schellnhuber, Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), an rund 250 Gäste in seinem öffentlichen Vortrag im Rahmen der Konferenz am Mittwochnachmittag. Der engagierte und streitbare – “aber friedlich”, wie er betonte – Forscher setzt sich auf vielen politischen Ebenen für eine nachhaltige Klimapolitik und gesellschaftliches Umdenken ein. Stolz darf er zu Recht darauf sein, dass er auch die Position des Vatikans mit beeinflusst hat. Eine Folge davon ist, dass in der Enzyklika ‚Laudato Si‘, ein auch poetisches und sehr lesenswertes Werk, der menschliche Einfluss auf den Klimawandel nicht mehr geleugnet wird.

Prof. Dr. Hermann Bange (GEOMAR li.), Prof. Dr. Gernot Friedrichs (CAU, 2.v.li.), Prof. Dr. Martin Visbeck (GEOMAR, Ozean der Zukunft, 2.v.re.) und Dr. Anke Schneider (Ozean der Zukunft) begrüßen Professor Hans Joachim Schellnhuber vom PIK.

Prof. Dr. Hermann Bange (GEOMAR li.), Prof. Dr. Gernot Friedrichs (CAU, 2.v.li.), Prof. Dr. Martin Visbeck (GEOMAR, Ozean der Zukunft, 2.v.re.) und Dr. Anke Schneider (Ozean der Zukunft) begrüßen Professor Hans Joachim Schellnhuber vom PIK.

Der Vortrag von Professor Hans Joachim Schellnhuber...

Der Vortrag von Professor Hans Joachim Schellnhuber…

 

...lockte weit über 250 Menschen ins Audimax der Kieler Universität.

…lockte weit über 250 Menschen ins Audimax der Kieler Universität.

Neben einer Fülle an Informationen in seinem gut einstündigen Vortrag, präsentiert mit aufwändigen Animationen und Grafiken, bleibt wohl die Kohlenstoffgeschichte der Menschheit vielen Zuhörern besonders im Gedächnis. Auf der Basis enormer Datenmengen führte Schellnhuber die Entwicklung der menschlichen CO2-Emissionen angefangen von der Industriellen Revolution in England bis heute vor. 1770 in der englischen Grafschaft Lancashire begann der menschliche Eintrag von Kohlenstoff in die Atmosphäre, übertrug sich auf Schottland und sprang im Verlauf des 19. Jahrhunderts auf Deutschland, Belgien, Frankreich und Polen über. In der Zeit des ersten Weltkrieges erscheinen Japan und die USA auf der Karte. Eine große Beschleunigung setzte dann nach 1950 mit der Entdeckung der Ölquellen im Nahen Osten ein und damit mit der Globalisierung und zunehmenden Vernetzung der Wirtschaft. Nach dem Fall der Mauer und dem Verfall der Sowjetunion erscheint, so Schellnhuber, „ein neuer Star“ auf der Karte, die Volksrepublik China. In rund zwei Jahrzehnten hat sie das geschafft, was Europa und die westliche Welt in zwei Jahrhunderten fertig gebracht haben. Auch heute sei die Entwicklung noch nicht abgeschlossen und die industrielle Revolution arbeite sich nun in die letzten Winkel der Erde vor. “Wollen wir das?” – fragte der Klimaforscher zu Recht. 2015 wird das wärmste Jahr in der Klimageschichte, eine Umkehr sei dringend notwendig und – das ist vielleicht die gute Nachricht – noch nicht zu spät. Jeder einzelne könne ebenso dazu beitragen, zum Beispiel der zunehmenden Vermüllung des Ozeans entgegenzuwirken. Plastikartikel, die sich nicht innerhalb von zehn bis 20 Jahren abbauen lassen, sollten dabei einfach verboten werden, Schellnhuber. Sie gehörten weder in die Volkswirtschaft noch in den Ozean.
Der Vortrag von Professor Schellnhuber bildete den Abschluss einer Vorlesungsreihe, die sich mit den Grenzflächen im Ozean beschäftigt hat.

Für uns Öffentlichkeitsarbeiter im Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ gab es aber noch ein weiteres Highlight, die Fertigstellung eines neuen Exponats für die Wanderausstellung „Future Ocean Dialogue“. Die wissenschaftliche Koordinatorin des Semesterthemas „Ocean Interfaces“, Dr. Anke Schneider, hatte gemeinsam mit uns ein Experiment entwickelt, das Besuchern zeigen soll, wie entscheidend die Rolle des Ozeans für den Abbau von CO2 aus der Atmosphäre ist. Diese Woche wurde das Exponat im Audimax der Uni Kiel zum ersten Mal ausgestellt.

Das neue Modul in der Ausstellung Future Ocean Dialogue

Das neue Modul in der Ausstellung Future Ocean Dialogue

Am GEOMAR haben wir uns außerdem über die Veröffentlichung des Förderatlas’ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefreut. Darin wird für die Jahre 2011 bis 2013 genau aufgeführt, wohin die Forschungsgelder der DFG geflossen sind. Das GEOMAR nimmt darin unter den außeruniversitären wissenschaftlichen Einrichtungen einen Top-Platz ein. Diese Gelder fließen nicht automatisch, sondern man muss sich immer wieder neu darum bewerben und die Qualitätsmaßstäbe der DFG sind streng. Deshalb ist diese Platzierung auch so etwas wie eine Bestätigung unser Arbeit – auf die wir, mal ganz offen gesprochen, ein klein wenig stolz sind.

Das heißt natürlich nicht, dass sich irgendwer auf seinen Lorbeeren ausruht. Aktuell sind ja auch etliche Kolleginnen und Kollegen auf See, sammeln dort neue Proben und neue Daten, um das Wissen über die Ozeane weiter voran zu bringen. Ganz nebenbei berichten sie auf Oceanblogs über ihre Arbeit. So gab es in dieser Woche wieder mehrere interessante Beitrage im EADSM-Blog vom Forschungsschiff SONNE im Pazifik aus.

Probennahme in über 4000 Metern Wassertiefe während der Expedition SO242/2. Mehr Informationen dazu im EADSM-Blog.

Probennahme in über 4000 Metern Wassertiefe während der Expedition SO242/2. Mehr Informationen dazu im EADSM-Blog.

Und ein Team, das derzeit mit der ALKOR in der Ostsee arbeitet, berichtet im Jellymeter-Blog von Untersuchungen zu Quallen quasi vor unser Haustür.
In der kommenden Woche startet außerdem ein deutsch-russisches Team in die arktische Laptewsee. Dann gibt es auch wieder neue Geschichten im Transpolardrift-Blog.

Also: Dranbleiben lohnt sich!

In diesem Sinne wünschen wir ein schönes Wochenende

Friederike Balzereit und Jan Steffen