Wieviel Mikroplastik ist im Strandsand der Kieler Förde?

Wieviel Mikroplastik ist eigentlich unter unseren Füßen, wenn wir über den Strand laufen? Kevin Schröder hat sich in seiner Bachelorarbeit im Fach Geographie, die er bereits 2017 angefertigt hat, mit genau dieser Frage beschäftigt. Obwohl das Thema Mikroplastik auch damals bereits in den Medien sehr präsent war, war für die Kieler Förde darüber nichts bekannt. Kevin hat daraufhin an drei Standorten auf der Westseite der Förde, nämlich an der Tirpitzmole, in Falckenstein und in Bülk, jeweils 5 kg Sediment entnommen und aus dieser Masse mit Hilfe eines Dichtetrennungsverfahrens (mit dem Salz Kalziumchlorid) mögliche Mikroplastikpartikel ausgewaschen. Weitere Informationen zu diesem Verfahren gibt es übrigens in älteren Blogs auf diesem Kanal. Dafür hat er das Sediment zunächst in verschiedene Korngrößenklassen (0,2 – 0,5 mm, 0,5 mm – 1 mm und 1 mm – 5 mm) eingeteilt und dann nach Klassen getrennt gewaschen. Nach diesem Arbeitsschritt und dem Filtrieren des Überstandes hat er visuell, mit Hilfe eines Mikroskops, die Filter nach Mikroplastikpartikeln abgesucht. 

Der Falckensteiner Strand ist ein Kieler Lieblingsort und dementsprechend sogar im Winter gut besucht. Das führt auch zu einer gewissen Verschmutzung mit Plastikmüll, aus dem Mikroplastik entstehen kann.
Man findet in Falckenstein beispielsweise Reste von Plastikverpackungen im Strandanwurf. Die Partikel, die Kevin Schröder untersucht hat, waren aber viel kleiner und entstehen sehr wahrscheinlich beim Zerfall solcher Müllteile.

Insgesamt 180 solcher Partikel hat er in den Proben entdeckt und für eine spätere Analyse mit einem Raman-Spektroskop isoliert. Die Identifizierung des Polymertyps mit Hilfe spektroskopischer Methoden ist ein notwendiger Arbeitsschritt bei der Analyse von Mikroplastik, denn die geringe Größe der Partikel macht es oft schwer, sie rein optisch von natürlichem Material, wie etwa Bruchstücken von Muschelschalen, zu unterscheiden. Nach dieser Analyse, die von Elke Kossel vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel durchgeführt wurde, konnte die Mikroplastikbelastung zwischen den drei Standorten verglichen werden und dieser Vergleich fiel verblüffend aus. Während das – zumindest im Sommer – stark genutzte Falckenstein, sowie ein in der Nähe des Klärwerks Bülk gelegener Strand mit 5 bzw. 2 Partikeln pro kg Sediment eher gering belastet waren, war die Menge an Mikroplastik im Bereich des kleinen Strandes an der Tirpitzmole um fast das zehnfache höher. Das zeigt zum einen, dass die Häufigkeit von Mikroplastik auch zwischen nicht weit voneinander entfernten Standorten stark schwanken kann und wirft gleichzeitig die Frage auf, warum die Zahlen so unterschiedlich sind. Die Erklärung liegt wahrscheinlich in der Herkunft des Mikroplastiks. Im Bereich der Kieler Bucht wird es sehr wahrscheinlich nicht von See her an die Strände transportiert, sondern entsteht direkt vor Ort aus dem Zerfall von größerem Plastikmüll. Der ist am Strand der Tirpitzmole besonders häufig, weil sich dort aufgrund der Lage zwischen einer Kaimauer und einer Segelmarine viel treibendes Material ansammelt. Diese Annahme wird auch von der Beobachtung unterstützt, dass die zwei häufigsten Polymerarten, die an diesem Standort gefunden wurden, Polyethylen und Polystyrol waren. Beide werden häufig für Verpackungen benutzt. Die Belastung von Stränden bzw. Strandsedimenten im Bereich der Kieler Förde scheint also stark von der Verschmutzung mit großem Plastikmüll abzuhängen. Eine regelmäßige Säuberung von Stränden, beispielsweise im Rahmen von Beach Clean-ups, hilft also auch dabei die Belastung mit Mikroplastik gering zu halten.

Dies ist der kleine Strandabschnitt an der Tirpitzmole an dem die Mikroplastikkonzentration besonders hoch war. Kevin Schröder (mitte) erklärt Workshop-TeilnehmerInnen beim Kiel-kann-mehr Festival 2020 seine Probenahmemethode.
Wenn man genau hinschaut, kann man im Spülsaum der Tirpitzmole Mikroplastik mit bloßem Auge erkennen.

Neben seinem Masterstudium im Fach Environmental Management an der CAU Kiel konnte Kevin die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit zur Publikation in einer internationalen Fachzeitschrift vorbereiten und in diesem Monat erscheint der Artikel nun in der Printausgabe von Environmental Science and Pollution Research. Ein PDF des Artikels kann hier heruntergeladen werden: https://doi.org/10.1007/s11356-020-12220-x

Die Belastung der Kieler Förde mit Mikroplastik ist übrigens vergleichbar mit der Situation, die für Strände in Mecklenburg-Vorpommern beschrieben wurde. In anderen Teilen der südlichen Ostsee wurden aber zum Teil sehr viel höhere Belastungen gefunden. Eine sehr informative Übersicht hierzu zeigt Kevin in seiner Publikation.

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