Wie viel Mikroplastik ist an unseren Stränden?

Das Thema Mikroplastik ist derzeit in aller Munde. Fast jeder hat schon von diesen Teilchen gehört, die man kaum sehen kann und die doch anscheinend überall sind: In unserer Zahncreme, in unserem Duschgel, möglicherweise auch in unserer Nahrung, vor allem aber in unserer Umwelt. Die Sorge um die Folgen dieser Verschmutzung umtreibt viele Menschen, und in den letzten Jahren ist eine beeindruckende Zahl von Initiativen entstanden, deren Ziel es ist, den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt zu verringern. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich zunehmend mit diesem Thema, denn die vielen offenen Fragen verlangen Antworten. Wenn man sich jedoch die bisherige Forschung zu Mikroplastik anschaut, muss man vor allem erst einmal feststellen wie wenig wir bisher darüber wissen. Nicht einmal wie  viel Mikroplastik in unserer Umwelt ist, können wir mit Sicherheit sagen. Und noch weniger wissen wir darüber, wie es sich auf Lebewesen und schlussendlich auch auf den Menschen auswirken könnte. Woran liegt das? Warum können wir so viele Fragen noch nicht beantworten?

Mikroplastik am Strand der Osterinsel. Das Mikroplastik, das sich hier ansammelt, stammt aus dem Zerfall großer Plastikteile auf See. So hoch wie auf diesem Bild ist die Belastung mit Mikroplastik an unseren Küsten zum Glück nicht. Foto: Valeria Hidalgo-Ruz

Mikroplastik am Strand der Osterinsel. Das Mikroplastik, das sich hier ansammelt, stammt aus dem Zerfall großer Plastikteile auf See. So hoch wie auf diesem Bild ist die Belastung mit Mikroplastik an unseren Küsten zum Glück nicht. Foto: Valeria Hidalgo-Ruz

Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass der Nachweis von Mikroplastik in der Umwelt technisch sehr aufwändig ist. Und das wiederum liegt vor allem an der geringen Größe der Partikel. Aber eines nach dem anderen. Was ist zunächst einmal überhaupt Mikroplastik? Darunter versteht man Kunststoffpartikel und – fasern, die kleiner als 5 mm sind. Das ist eine willkürliche Festlegung, die Wissenschaftler vor einigen Jahren gemacht haben, die sich seitdem aber allgemein etabliert hat. Von diesen kleinen Teilchen sind solche, die größer als ein Millimeter sind, noch relativ leicht als Plastik zu erkennen. Man braucht zwar die Hilfe einer Lupe oder eines Mikroskops, aber die Zuordnung ist meist einfach und eindeutig. Je kleiner die Partikel, desto schwieriger wird es aber, sie als Kunststoff zu identifizieren. Zu groß kann die Ähnlichkeit mit natürlichem Material, wie zum Beispiel Sandkörnern oder den Resten einer Muschelschale, sein und ein direkter Nachweis – zum Beispiel durch Erhitzen – ist bei so kleinen Teilchen nicht ohne weiteres möglich. Daher braucht man dafür technisch aufwendigere Verfahren, die Plastik einwandfrei als Plastik erkennen können. Dies leistet die Spektroskopie. Bei diesem Verfahren, von dem es mehrere Varianten gibt, erfasst man das Licht, das an einem angestrahlten Partikel gestreut wird. Das Spektrum dieses Lichts gibt dann Aufschluss darüber, um welchen Stoff es sich handelt. Man kann sogar den Kunststofftyp, wie z.B. Polyethylen und Polypropylen, identifizieren. Leider sind diese Verfahren teuer und zeitaufwendig und bislang haben nur wenige Studien davon Gebrauch gemacht.

Bislang basieren die allermeisten Studien zur Erfassung von Mikroplastik in der Umwelt auf der Auswertung von Proben mit optischen Methoden. Diese haben aber leider ihre Grenzen. Foto: Mark Lenz

Bislang basieren die allermeisten Studien zur Erfassung von Mikroplastik in der Umwelt auf der Auswertung von Proben mit optischen Methoden. Diese haben aber leider ihre Grenzen. Foto: Mark Lenz

Insbesondere bei Fasern ist die Unterscheidung zwischen künstlich und natürlich unter dem Mikroskop sehr schwierig. Foto: Vanessa Rüttler

Insbesondere bei Fasern ist die Unterscheidung zwischen künstlich und natürlich unter dem Mikroskop sehr schwierig. Foto: Vanessa Rüttler

Kunstfasern in Umweltproben aus dem Meer stammen oft von Netzen und Seilen aus der Fischerei. Foto: Mark Lenz

Kunstfasern in Umweltproben aus dem Meer stammen oft von Netzen und Seilen aus der Fischerei. Foto: Mark Lenz

Das Projekt ‚Mikroplastik an unseren Küsten‘ des Kieler Exzellenzclusters ‚Ozean der Zukunft‘ versucht jetzt für die schleswig-holsteinische Ostseeküste erste Informationen über die Menge an Mikroplastik im Strandsand zu gewinnen. Hierfür werden an insgesamt 10 Standorten zwischen der Flensburger Förde und der Lübecker Bucht, je einmal im Winter und einmal im Sommer, Sedimentproben aus dem Spülsaum entnommen, aufbereitet und mit Hilfe der Raman-Spektroskopie ausgewertet. Dieses Projekt gehört zu den bislang umfangreichsten Erfassungen von Mikroplastik mit Hilfe spektroskopischer Methoden – weltweit.

Für das Monitoring werden - wie auf diesem Foto - Sedimentproben aus dem Bereich des Spülsaums genommen. Dort akkumuliert Treibgut und dazu gehört auch Plastikmüll. Foto: Sarah Piehl

Für das Monitoring werden – wie auf diesem Foto – Sedimentproben aus dem Bereich des Spülsaums genommen. Dort akkumuliert Treibgut und dazu gehört auch Plastikmüll. Foto: Sarah Piehl

Das Sediment wird dann in Glasbehälter umgefüllt und ins Labor transportiert. Dabei gilt es, den Eintrag von Plastikfasern, beispielsweise aus der eigenen Kleidung, möglichst zu verhindern. Foto: GAME

Das Sediment wird dann in Glasbehälter umgefüllt und ins Labor transportiert. Dabei gilt es, den Eintrag von Plastikfasern, beispielsweise aus der eigenen Kleidung, möglichst zu verhindern. Foto: GAME

Dieser Blog wird Sie in Zukunft über den Fortgang des Projektes und dessen Ergebnisse informieren. Los geht es bereits Anfang März. Dann wird die erste Serie von Proben – ein Testlauf hierfür fand im letzten Herbst statt – genommen und kurz danach beginnt die aufwendige Aufbereitung der Proben im Labor des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. Wir werden Sie über alle Schritte informieren und die angewandten Methoden ausführlich beschreiben. Wir wollen damit einen Einblick in die Forschung zum Thema Mikroplastik geben aber auch weiterführende Informationen bereitstellen. In den folgenden Blogs wird es zunächst einmal um die Probennahme gehen. Wo und wie werden die Proben genommen? Dann werden wir die Technik hinter der Forschung erklären. Wie trennt man das Mikroplastik vom Sand? Wie groß sind die kleinsten Partikel, die noch untersucht werden können? Wie funktioniert eigentlich ein Raman-Spektroskop? Es wird aber auch immer wieder darum gehen, wie und wo man sich über Mikroplastik informieren kann. Wir werden Sie auf Veranstaltungen und Vorträge hinweisen und andere Forschungsprojekte vorstellen. Und dann, hoffentlich zu Beginn des nächsten Jahres, werden wir auch die Frage beantworten wie viel Mikroplastik nun eigentlich an unseren Stränden ist. Wir laden Sie ein uns zu begleiten: Verfolgen Sie unseren Blog und informieren Sie sich über Mikroplastik an unseren Küsten.

Autor dieses Blogs: Mark Lenz

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